1972/73 gab mein damaliger Jugendverband, die als “FDP-nah” bezeichneten Jungdemokraten, eine kleine DIN A 5-Broschüre heraus: “Kommunalisierung von Grund und Boden”. Da Grund und Boden “kein beliebig produzierbares und vermehrbares Gut” seien, müsse ihre Verteilung durch Kommunalisierung einer demokratischen Regelung zugänglich gemacht werden. Wie Recht wir doch hatten.

Heute fürchten die Menschen, die sowieso schon kaum noch Möglichkeiten sehen, bezahlbaren Wohnraum zu bekommen, dass angesichts der Flüchtlinge damit endgültig Schluss sei. Immerhin bekommen sie jetzt in den größten Städten, Berlin, Hamburg und München endlich wohnungspolitisch den Arsch hoch. Auch in Köln ist man auf dem Weg. Nur bei uns in Bonn wird die Welt Jahre später untergehen.

Noch vor wenigen Jahren wurden millionenfach Wohnungsbestände der öffentlichen Hand privatisiert. So fehlt jetzt den Städten und den Bundesländern jedes Mittel, um steuernd in den verkorksten Wohnungsmarkt einzugreifen. Im Gegenteil: Hedgefonds, Spekulanten, Großaktionäre stossen sich jetzt nicht mehr an Aktien und Staatsanleihen gesund, alles zu riskant, sondern an hunderttausenden Wohnungen auf dem renditesicheren deutschen Markt.

Muss man noch betonen, dass das mit oder ohne Flüchtlinge so wäre? Dass es die Flüchtlinge sind, die die größeren Probleme haben? Dass das was mit Neoliberalismus und Kapitalismus zu tun hat, die an der Befriedigung des Grundrechts auf Wohnen null Interesse haben?

Mit Kommunalisierung allein ist es allerdings leider nicht getan. Oft genug kommt Stümperhaftes dabei raus, weil die meisten Kommunalpolitiker auch zu doof sind, ein leistungsstarkes Wohnungsunternehmen zu steuern. Hier wären wohl gesetzliche Regelungen erforderlich, die den Parteienproporz fernhalten und klare fachliche Qualifikationsanforderungen stellen. Hier geht es uns in Bonn mit der professionell geführten städtischen Vebowag etwas besser. In Bonn fehlt es an bebaubaren Flächen und Bezahlbarkeit bei den meist überteuerten privaten Neubauten.

Wenn es die Flüchtlinge sein müssen, die uns endlich darauf aufmerksam machen, dass wir hier schnellstens handeln müssen, dann haben sie einen weiteren guten Zweck erfüllt. Und wir sollten ihnen danken, uns mit der Nase drauf gestoßen zu haben.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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