Werner Mauss steht bzw. sitzt in Bochum vor Gericht. Dem inzwischen 76jährigen Privatermittler wird vorgeworfen, Steuern hinterzogen haben. Und das über Jahre und in zweistelliger Millionenhöhe. Für Mauss ist das alles ein Missverständnis, zu dessen Beseitigung er aber nur schwer etwas beitragen könne, weil ja alles auch nach zwanzig, dreißig Jahren noch so geheim sei. Nicht näher genannte Sicherheitsbehörden Polizei- oder Geheimdienste im In und Ausland würden ihm nicht erlauben, vor Gericht vollständig Auskunft zu geben. Werner Mauss – alias Claus Möllner, alias Dieter Koch alias Richard Nelson, beteuert, bei den rund 23 Mio. US Dollar, die angeblich nicht versteuert wurden, handele es sich um einen Treuhandfond. Das Geld sei bestimmt gewesen zur Finanzierung seiner oft aufwendigen Operationen im In und Ausland. Aus Sicht der Steuerfahnder und der Bochumer Staatsanwaltschaft handelt es sich jedoch um Schwarzgeld – zunächst in Panama versteckt, später auf Konten der UBS in der Schweiz und danach in Luxemburg.

Noch heute, so erklärte Werner Maus vor einigen Monaten gegenüber dem Autor, sei er in humanitären Projekten involviert.

Panama Papers

Den Ärger mit den Steuerbehörden bekam er, weil sich auch sein Name bzw. seine Namen und die auf ihn lautenden Stiftungen in den „Panama-Papieren“ wieder fanden.

Wie weit die Welten des Werner Mauss und des Vorsitzenden Richters am Landgericht Dr. Markus van den Hövel auseinanderliegen, verdeutlicht folgender Dialog.

Mauss:“ Hier geht’s um Leben und Tod.“ Richter: „Hier geht es darum, ob Sie Steuern hinterzogen haben.“ Welten treffen aufeinander und der Zuhörer im Gerichtssaal staunt und wundert sich.
Mauss beteuert vor Gericht „Ich bin unschuldig.“ Er fühlt sich missverstanden und bedauert, derzeit noch nicht in vollen Umfang in eigener Sache aussagen zu können. Noch dürfe er das nicht. Aber, so Mauss im Gericht: „Wenn ich hier alles offen erklären kann, dann verstehen Sie auch, dass ich wirklich nicht schuldig bin.“ Er habe ja nach Rückkehr nach Deutschland, seinen Geld- und Auftraggebern vorgeschlagen, den Fonds dem Finanzamt zu melden. Doch jene „hohe Persönlichkeit“ aus einer deutschen Sicherheitsbehörde, der diesen so geheimnisvollen Fonds mit Hilfe ausländischer Geldgeber organisiert habe, und deren Identität Mauss immer wieder neu umschreibt ohne aber ihren Namen zu nennen, diese „hochgestellte Persönlichkeit“ habe ihm strikt verboten den Geheimfonds offen zu legen. Diese wichtige Person sei auch Initiator des Fonds gewesen. „Ohne ihn“ so Mauss, hätte es den Fonds nicht gegeben.

Alle Jahre wieder

Weil es in den 80er Jahren schon einmal Stress um einen, damals beim BND für Mauss eingerichteten Fonds gab, in den Firmen eingezahlt hatten, um Mauss für dessen Suche nach deutschen Terroristen im Ausland zu finanzieren, sei der neue Fond ausschließlich mit Geld aus dem Ausland gespeist worden. So wollte man vermeiden, dass sich noch mal – wie damals geschehen – Politiker mit der Finanzierung des Privatagenten befassten.

Damals, 1985, hatten die Geheimdienst-Kontrolleure im Bundestag den von Firmen finanzierten Fonds beim BND kritisiert

In einer Unterrichtung durch die Parlamentarische Kontrollkommission mit dem Titel „Private Zuwendungen an den Bundesnachrichtendienst“ vom 14.11.1985 heißt es:

1. „Dem Bundesnachrichtendienst sind im Jahre 1980 von mehreren Unternehmen insgesamt 400.000 DM zugewendet worden. Der Bundesnachrichtendienst hat diesen Betrag zur teilweisen Finanzierung eines mit 842 000 DM honorierten Werkvertrages mit einem Detektivbüro verwendet, das sich aufgrund dieses Vertrages in der Zeit vom 1. September 1979 bis zum 30. November 1980 im Ausland um die Aufklärung des Aufenthalts von mutmaßlichen Terroristen bemüht hat.

2. Die Parlamentarische Kontrollkommission hält die Entgegennahme privater Zuwendungen für die Erledigung dienstlicher Aufgaben des Bundesnachrichtendienstes nicht für angängig.

Dies gilt um so mehr, als die notwendigen Haushaltsmittel im Haushalt des Bundesnachrichtendienstes ausreichend zur Verfügung standen. Die Bundesregierung wird aufgefordert sicherzustellen, dass private Zuwendungen künftig in jedem Falle unterbleiben.“

Deshalb, so Mauss, habe er den im Mittelpunkt des Steuerstrafverfahrens stehenden Fonds bei den Steuerbehörden zumindest anmelden wollen. „Versteuern“ wollte er dieses Geld nicht – weil er für dieses Geld nicht steuerpflichtig sei. Doch die „hochgestellte Persönlichkeit“ habe ihm strikt verboten, mit den Steuerbehörden über den Fonds zu sprechen. Das sei ein Geheimfonds. Nun, erklärte Mauss, habe man erfahren, dass es darüber Akten gibt und er verspricht, so bald wie möglich für Klarheit zu sorgen. Er arbeite auch daran, in eigener Sache eine umfassende Aussagegenehmigung zu erhalten. Und noch besser – Mauss hofft, das diese hochgestellte Persönlichkeit – die früher Nummer zwei in einer Behörde gewesen sei, selbst auch im Prozess als Zeuge aussagen werde.

Ein anderer Förderer von Mauss und Kenner der Materie sollte eigentlich am 14. November 2016 aussagen. Doch der ehemalige Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt, Bernd Schmidbauer, hatte noch nicht die dafür notwendige Aussagegenehmigung des Bundeskanzleramtes erhalten.

Undank ist der Welten Lohn

Er habe, erklärt der Privatermittler, stets seinen Kopf hingehalten, unter ständiger Lebensgefahr gearbeitet. Deshalb bekam er auch immer wieder von deutschen Behörden Tarnpapiere ausgestellt auf seine diversen Tarnnamen. Vier davon sind in der Bochumer Anklageschrift aufgeführt: Werner Mauss alias Claus Möllner alias Dieter Koch alias Richard Nelson. Außerdem habe er in seinen fast 50 Jahren Agententätigkeit auch für die „Steuer gearbeitet,“ sei nie straffällig geworden.

Er habe Gefahren abgewehrt, die die Innere Sicherheit Europas bedrohten.

Merkwürdig erscheint auch der Umgang der Finanzbehörden mit dem Steuerbürger Werner Mauss.

Zwar wohnt er seit Jahrzehnten in Rheinland-Pfalz doch das für ihn weiterhin zuständige Finanzamt liegt im Süden von Essen, also in Nordrhein-Westfalen. Und noch eine Besonderheit – im Gegensatz zum werten Leser, zur Leserin, zum Autor oder meinetwegen der Bundeskanzlerin, wurde für Mauss keine Steuer-Identifikationsnummer vergeben. Die Steuerbehörden in Rheinland-Pfalz, in Mainz, in Düsseldorf, Zell und Essen-Süd kamen auch schon mal auf die Idee, mögliche steuerliche Unklarheiten ohne Heranziehung des Steuerpflichtigen zwischen BND, BKA, Verfassungsschutz und Oberfinanzdirektion zu klären.

Der Prozess wird fortgesetzt und weitere Merkwürdigkeiten nicht ausgeschlossen.
Auf die Fortsetzug bin ich sehr gespannt!

Dieser Text erschien zuerst im taz-Blog “Sauerländische Erzählungen” von Annette Hauschild, herzlichen Dank für die Erlaubnis zur Übernahme an dieser Stelle.