von Bettina Gaus
Donald Trump hat politisch viel erreicht. Auch das Enthüllungsbuch und Ferndiagnosen über seinen Geisteszustand ändern daran nichts. Leider.

Donald Trump ist ein erfolgreicher US-Präsident. Es macht keinen Spaß, diesen Satz zu schreiben, aber er stimmt. Neoliberale, Klimaskeptiker und Rassisten – um nur einige der Gruppen zu erwähnen, die Trump gewählt haben – haben Grund, zufrieden zu sein.

Unterdessen freuen sich die Gegnerinnen und Gegner des Präsidenten wie Bolle über ein neues Enthüllungsbuch. Außerdem delektieren sie sich an medizinischen Ferndiagnosen von Psychologen und Psychiatern, die Trump wahlweise bescheinigen, dement oder ein Soziopath zu sein oder unter Wahnvorstellungen zu leiden. Diese verabschieden sich damit von zentralen berufsethischen Regeln. Etwas Schöneres könnte den Gefolgsleuten des US-Präsidenten kaum passieren. Solange darüber geredet wird, so lange wird nämlich nicht über Politik geredet.

Fast genau ein Jahr ist es her, dass Trump einen Eid auf eine Verfassung geschworen hat, die er weder kannte noch verstand. Das jedenfalls behauptet der Journalist Michael Wolff in seinem Buch „Fire and Fury“, das weltweit für Schlagzeilen sorgte. Ich habe das Buch bestellt und gelesen. Liest sich gut, bestätigt mich und auch sicher viele andere Leute in ihren Urteilen, die vorher schon feststanden. Aber es hilft niemandem so recht weiter.

Die Öffentlichkeit weiß inzwischen: Nicht alles stimmt, was in dem Buch steht, aber doch „die große Richtung“. Hm.

Wenn ich bei einzelnen Anekdoten nicht weiß, ob sie sich wirklich so zugetragen haben: wie weit bin ich dann von „gefühlter Wahrheit“ entfernt? Also von genau jener Interpretation der Fakten, die Trump-Jüngern – zu Recht! – nicht zugestanden wird?

Niemand schafft alles

Im Hinblick auf die Politik von Donald Trump ist einiges unbestreitbar. Er hat eine Steuerreform durchgesetzt, die Unternehmen entlastet. Die Börse boomt, die Konjunktur läuft auf Hochtouren. Es ist gleichgültig, ob Trump oder sein Vorgänger Barack Obama dafür verantwortlich ist: Für die Wirtschaftslage wird immer der amtierende Präsident in Haftung genommen, egal, welches Erbe er angetreten hat.

Mit der Verschärfung der Einreiseregelungen für Ausländer war Trump zumindest teilweise erfolgreich. Regelungen für Verbraucher hat er abgebaut, und er hat sich aus der globalen Klimapolitik verabschiedet. Umweltschutz ist Vergangenheit. Die Schürf- und Förderrechte, die Trump für Rohstoffprojekte genehmigt hat, werden weit über seine Amtszeit hinaus Folgen haben. Außerdem ist es ihm gelungen, einen Kandidaten für das Oberste Gericht der USA durchzusetzen, der vermutlich noch über Jahrzehnte hinweg eine konservative Rechtsprechung garantieren wird.

Darüber hinaus hat Trump einige Themen auf die politische Agenda gesetzt, die abgehandelt zu sein schienen. Beispiel: Können Mitglieder des Ku-Klux-Klan nicht doch ganz nette Leute sein? Reaktionäre Weiße in den USA dürfen sich aufgewertet fühlen.
Es ist Trump nicht gelungen, Obamacare zu vernichten und eine Mauer an der Grenze zu Mexiko zu errichten? Come on. Niemand schafft alles.

Es ist kein Wunder, dass sich bislang nur sehr wenige Republikaner vom US-Präsidenten distanziert haben. Und wie reagiert die liberale Öffentlichkeit darauf? Mit einer Diskussion über eine mögliche Kandidatur des US-Showstars Oprah Winfrey 2020 fürs Weiße Haus. Die Frau hat große Verdienste, eine Politikerin ist sie nicht.
Was spricht eigentlich gegen die demokratische Juristin und Senatorin Elizabeth Warren als Gegenkandidatin zu Trump? Vielleicht ihre Seriosität. Das wäre sehr, sehr deprimierend.

Dieser Beitrag ist eine Übernahme von taz.de, mit freundlicher Genehmigung von Autorin und Verlag.
Morgen um 12 ist Autorin Bettina Gaus im ARD-Presseclub dabei. Da geht es mal nicht um Trump; das Thema werden Sie zielsicher erraten.

Über Bettina Gaus:

Bettina Gauss ( † ) war politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Ihre Beiträge sind Übernahmen von taz.de, mit freundlicher Genehmigung von Autorin und Verlag.