Extradienst-Gastautor Gert Eisenbürger wies mich gestern auf einen Text zur Linken-Debatte über den Nationalstaat hin, der in der Zeitschrift “ak – Analyse und Kritik” erschien. Er dient auch in meinen Augen der Entpersonalisierung und Versachlichung der Diskussion. Wer sich ins Thema vertiefen möchte: hier noch ein längerer Text, jetzt ein Jahr alt aber aktuell geblieben, von Extradienst-Gastautor Peter Wahl im Attac-Theorieblog (er wird heute nachmittag auch hier im Extradienst dokumentiert werden). Die Frage ist nur: ist das überhaupt erwünscht?

Mit der Zeitschrift “ak”, die ich nur sporadisch verfolge, habe ich eine persönliche Geschichte. Sie datiert 1978, als sie noch “Arbeiterkampf” hiess und Organ des “KB-Nord” war (KB für “Kommunistischer Bund”), mit Hauptquartier in Hamburg, und einer starken Gruppe in Göttingen (dort soll ihr ein junger Mann namens Trittin angehört haben, davon hörte ich aber erst Jahre später). Bekannte Namen damals: v.i.S.d.P. war Kai Ehlers (heute in Russland lebend), wichtige Führungskraft Jürgen Reents, und zu tun hatte ich mit den später prominenteren LinksGrünen Ebermann und Trampert, die zwei mit dem Trabrennpferd. Der “ak” beschuldigte uns 1978, “uns” war seinerzeit die bundesdeutsche Anti-Apartheid-Bewegung, von der moskauhörigen DKP gesteuert zu sein – ein Vorwurf in dem sich der KB damals mit der Bundesregierung und den Jusos (Vorsitzender: Gerhard Schröder) einig war. Falsch war er trotzdem.
Die damaligen Führungskräfte haben später alle irgendwelche anderen Anschlussverwendungen gefunden. Aber die Zeitschrift gibt es immer noch. Lustig.

Und gar nicht so doof. Ich habe dann auch den Zeit-Text von Oliver Nachtwey aus dem Januar dieses Jahres nochmal herausgesucht. Und siehe da: es ist die Dialektik, die unseren Streitereien fehlt. Dialektik ist nicht gut oder böse. Sie ist ein Werkzeug für gedankliche Klarheit, und Fruchtbarkeit von Streit und Diskussion. Sie erleichtert das Verständnis von politischen Prozessen und Entscheidungsfindungen. Und macht klüger. Mein Erschrecken dabei: während Linke, Grüne, Sozis, immer weniger wissen was das ist, geschweige denn damit umzugehen – der Gauland weiss es.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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