Die hiesigen Kommunalpolitiker (habe in diesem Fall nur Männer wahrgenommen) haben ihren Job und das Thema verfehlt. Stolz, endlich mal in bundesweiten Medien genommen zu werden, spreizten sie sich in einer Lächerlichkeit als Bedenkenträger, dass sie, wenn ihnen ihre Wiederwahl lieb ist, besser geschwiegen hätten. Das gilt ausdrücklich auch für den signifikant schlecht beratenen OB Sridharan.

Selbstverständlich war es eine Panikaktion der Bundesregierung, kostenlosen öffentlichen Personennahverkehr zur Debatte zu stellen. Sridharan kennt seine Parteifreunde am besten, und denkt: von denen kann nichts Kluges kommen. In diesem Fall war die Panik aber ein Fenster der Gelegenheit, etwas für die Stadt und ihre Bürger*innen herauszuholen – vielleicht nicht alles, aber möglichst viel. Das geböte jede Verhandlungsintelligenz. Stattdessen werden von den OBs und ihren hauptamtlichen Geschäftsführern bei Städtetag und Gemeindebund Litaneien heruntergebetet, warum dies nicht geht, und jenes nicht geht, und am besten alles so bleibt, wie es ist. Wie bitte?

Nichts wird bleiben. Warum müssen das jetzt immer Bundesgerichte klären? Ist die Legislative komplett unfähig geworden? Sie haben einen Amtseid geschworen, der sie verpflichtet, mindestens, für saubere Atemluft zu sorgen und kriminellen Betrug (der Autoindustrie) politisch und strafrechtlich zu bekämpfen. Stattdessen tun sie nichts. Und wettern gegen Fahrverbote, die sie erst mit ihrem Nichtstun herbeiführen.

Das wäre die Stunde – oder historisch gesehen, eine Minute – der Opposition. Den Grünen fällt aber nichts Originelles mehr ein, ausser “haben wir immer schon gesacht”. Und die Linke, ist die noch da? Hatte die nicht mal Betriebsräte und Gewerkschafter in ihren Reihen? Fällt denen auch nichts mehr ein?

Die Krankheit aller demokratischen Parteien: statt ihren Job zu machen, der in erster Linie in Möglichmachen besteht, wissen sie nur noch, warum was nicht geht. Und besonders wichtig: wer schuld ist.

Das ist keine Besonderheit der GroKo-Parteien. Der Frankfurter Linke Roberto De Lapuente hat ein Buch über solche Phänomene bei den Linken geschrieben. Seinen Ärger kann ich nachvollziehen. Das gibts bei den Grünen auch, und ist z.B. montags 18 h immer in den öffentlichen Fraktionssitzungen im Alten Rathaus zu besichtigen. Mehr als die List des politischen Gegners ärgert einen die Dummheit der “eigenen” Leute. Denn die wäre vermeidbar. Wer keine Hoffnung macht, weil er*sie nicht kann oder nicht will, kann auch nicht mobilisieren und gewinnen.

Für die Macht Merkels ist das gemütlich. OB Sridharan scheint Bonn ähnlich verwalten zu wollen. Hier funktioniert das aber nicht genauso. Die Bildungsbürger*innen Bonns wissen, welchen Lärm sie machen müssen, um Interessen zu verfolgen. Da die Grünen eine Koalition mit einer unwilligen Fraktion unterhalten, besteht ein Vakuum für die Linke. In Frankfurt/Main war sie bei der OB-Wahl schon dicht hinter den Grünen. Soll es in Bonn auch so kommen? Oder fehlt den Bonner Linken dafür auch die politische Intelligenz? Und wer wird dann die politischen Mehrheiten bilden? Der Rest der SPD? Kann die sowas noch?
Wie gesagt: die Sache mit der Hoffnung ….

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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