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Assange in akuter Gefahr

Der High Court Großbritanniens hat beschlossen, den letzten wichtigen Widerspruch Julian Assanges gegen seine Auslieferung an die USA abzulehnen. Damit wird es wahrscheinlich, dass Julian Assange, einer der wichtigsten Bürgerrechtler und Whistleblower der jüngeren Geschichte, dessen Internet-Plattform “Wikileaks” unter anderem für Aufklärung von Kriegsverbrechen der USA im Irak gesorgt hat, an die USA auszuliefern, die seine Tätigkeit als Herausgeber der Plattform als “Spionage” verfolgen wollen. Assange wird mit mehreren hundert Jahren Haft bedroht.

Dabei hat sich dieser Mensch um die Menschenrechte verdient gemacht. Ohne Whistleblower wie ihn würden Presse und Öffentlichkeit über Korruption, Kriegsverbrechen und Straftaten von Staaten wesentlich weniger wissen. Das gilt in gleichem Maße wie für Assange für den derzeit scheinbar in Vergessenheit geratenen Edward Snowden. Ihm verdanken wir die Offenlegung der skandalösen Totalüberwachung, die die US-Geheimdienste, allen voran die NSA, betreiben und ohne seine Enthüllungen wäre wahrscheinlich Europa nicht mit einem der besten Datenschutzgesetze, der europäischen Datenschutz-Grundverordnung, ausgestattet. Aber gleichwohl werden diese Personen von den Gesellschaften, denen sie nützlich waren, für deren demokratische Rechte sie sich eingesetzt haben, penetrant verfolgt.

Menschenrechtliche Außenpolitik für Assange?

Wo bleibt eigentlich der aktuelle Einsatz der Bundesaussenministerin für Assange? Im Bundestagswahlkampf 2021 noch, hat sie sich für seine Freilassung stark gemacht. Danach ist es seitens des Auswärtigen Amts ziemlich still geworden um die Menschenrechte des Whistleblowers, der nun seit fast 10 Jahren erst in selbst gewählter Isolation in der ecuadorianischen Botschaft in London, nun seit zwei Jahren in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis in Auslieferungshaft schmort. Und während für den ideologisch nützlichen politischen Gefangenen des Putin-Regimes, Alexei Nawalny fast täglich Solidaritätsadressen und Aufrufe erfolgen, die Nachrichten kontinuierlich berichten, ist es um das Opfer einer zweifelhaften Verfolgung durch die USA bemerkenswert still geworden. Assange, der erst unter dem Vorwand angeblicher Sexualdelikte, wegen derer seine Auslieferung  von Schweden verlangt wurde, und die inzwischen sang- und klanglos eingestellt wurden, scheint sich vom Rechtsstatus her zu einer Art modernem “Vogelfreien” zu entwickeln. Wieso, ist doch auch die Frage, bemüht sich sein Mutterland Australien, dessen Staatsbürgerschaft er besitzt, eigentlich nicht stärker, seine Bürgerrechte zu schützen?  Und warum handelt die EU, die ja angeblich auch deshalb die Ukraine massiv mit Waffen, Munition, Geld und Sanktionen unterstützt, weil es in diesem Krieg um die Freiheitsrechte und um die Verteidigung der Demokratie geht, im Fall Assange nicht klar und konsequent?

 

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net

2 Kommentare

  1. lies_das

    @rolandappel Eine SchandeJetzt kann unsere Außenministerin Rückgrat zeigen#bärbock@KonstantinNotz @janalbrecht @GrueneBundestag

  2. Klaus Jung

    Man stelle sich einmal vor: Ein Angehöriger der Waffen SS hätte vorübergehend in Auschwitz Dienst getan. Entsetzt über das was dort geschah hinterfragte er sein eigenes Tun und beschloss, einen international tätigen Journalisten davon in Kenntnis zu setzen. Er besorgte unter Bruch der Gesetze der SS beweiskräftige Unterlagen und sandte sie einem international tätigen Recherche-Journalisten.
    Der veröffentlichte diese Unterlagen weltweit, was ihm den Hass und die Verfolgung des Nazi-Regimes eingetragen hätte. Vor diesen Nazis hätte ere sich in einem Drittland, das mit den Nazis sympatisierte (zum Beispiel Franco-Spanien), in eine südamerikanische Botschaft geflüchtet. Nach einem Regierungswechsel in dem südamerikanischen Land, hätte dessen seinerzeitige Regierung ihn an Franco-Spanien ausgeliefert und er säße jetzt in einem Hochsicherheitsgefängnis und müsste die Auslieferung an Nazi-Deutschland erwarten.
    Ohne sagen zu können, wie die Geschichte weitergegangen wäre: Würden heute nicht in vielen Ländern Straßen und Plätze nach diesen beiden mutigen Aufklärern benannt? Gäbe es nicht regelmäßig zu vergebene Bürgerpreise für Zivilcourage, die nach ihnen benannt wären?
    Seltsame Fragen.

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