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E-Autos kosten 5,7 Mrd. €/a

Um die spätestens für 2045 geplante Klimaneutralität zu erreichen, sollen laut Koalitions­programm vermehrt Elektroautos zugelassen werden. Bis 2030 sollen dies mindestens 15 Mio. sein, also 25 % des derzeitigen PKW-Bestands (59 Mio.). Der Ersatz von Verbren­nungsantrieb durch Elektroantrieb hat jedoch nicht nur ökologische, sondern auch finanzi­elle Auswirkungen. Dazu muss man die Höhe und Veränderung der Kraftfahrzeugsteuer, der Energiesteuer (früher Mineralölsteuer) bzw. Stromsteuer und der Mehrwertsteuer er­mitteln und vergleichen.

Im Jahre 2020 fielen 9,5 Mrd. € Kraftfahrzeugsteuer von Fahrzeugen mit Verbrennungs­motoren an. Elektroautos bleiben von der Zulassung an zehn Jahre lang steuerbefreit, längstens bis Ende 2030. Nach Ende der Steuerfreiheit zahlt man bei Elektrofahrzeugen einen festen jährlichen Betrag pro angefangene 200 kg zulässigen Gesamtgewichts. Hier­für gibt es drei Kategorien. Für ein Mittelklasse-Fahrzeug mit 2.500 kg sind dies beispiels­weise 76 € im Jahr. Unter Annahme eines unveränderten Fahrzeugbestands von 59 Mio. ergibt sich ein Steueraufkommen von 4,5 Mrd. €/a. Das Steueraufkommen wird also lang­fristig jährlich um 5 Mrd. sinken.

Das Aufkommen aus der Energiesteuer (früher Mineralölsteuer) betrug 2019 knapp 92 Mrd. €/a. Davon entfielen 21 Mrd. auf Diesel und 16 Mrd. auf Benzin, zusammen also 37 Mrd. auf Fahrzeuge, und 4 Mrd. auf Erdgas, Erdöl, Kohle und nachwachsende Energien. Die Energiesteuer auf Benzin beträgt derzeit 65,8 Cent/l und bei Diesel 47,4 Cent/l (ein­schl. Bevorratungssonderbeitrag). Bei einem Preis von 1,63 €/l Benzin gehen durch Ener­gie- und Mehrwertsteuer 99 Cent an den Staat, bei Diesel sind es 78 Cent von 1,42 €/l.

Bei Elektrofahrzeugen fällt die Stromsteuer von 46,50 Cent /kwh an. Der Stromverbrauch liegt bei Elektrofahrzeugen laut Händlerangaben zwischen 5,8 und 24,20 kwh je 100 km, im Schnitt bei 15 kwh. Bei einer jährlichen Fahrleistung von 645 Mrd. km (2019) würden rund 97 Mrd. kwh verbraucht. Die darauf entfallende Stromsteuer läge dann bei 45 Mrd. €/a, also um 8 Mrd. € höher als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.

Die Mehrwertsteuer ist bei Verbrennungs- und bei Elektrofahrzeugen gleich, nämlich 19 %. Sie wird auf den kompletten Verkaufspreis erhoben, bei Benzin und Diesel also nicht nur auf den Warenwert (der etwa 40 % ausmacht), sondern auch auf die CO2-Abgabe (5-6 %) und die Energiesteuer (etwa 40 %). In einem Spritpreis von beispielsweise 1,60 € sind also 25,5 Cent MWSt enthalten. Bei einer Jahresfahrtleistung von 645 Mrd. km, einem Durchschnittsverbrauch von 7,5 l/100 km und einem Steueranteil von 25,5 Cent/l würden 12,3 Mrd. €/a MWSt anfallen.

Bei einem Elektrofahrzeug wird die Mehrwertsteuer auf die Stromkosten aufgeschlagen. Der Verkaufspreis an den Ladegeräten beträgt zwischen 50 und 70 Cent/kwh, als Durch­schnitt werden derzeit 46,50 Cent einschl. der Kosten der Ladeleistung angegeben. Darin sind 7,5 Cent MWSt enthalten. Bei der genannten Jahresfahrtleistung von 645 Mrd. km, ei­nem Durchschnittsverbrauch von 15 kwh auf 100 km und einem Steueranteil von 7,5 Cent/l würden 3,63 Mrd. €/a Mehrwertsteuer anfallen. Das sind rund 8,7 Mrd. € weniger als bei Verbrennungsfahrzeugen.

Insgesamt würde also ein vollständiger Ersatz von Benzin- und Dieselfahrzeugen durch Elektroautos bei der Kraftfahrzeugsteuer zu Mindereinnahmen von 5 Mrd. €/a, bei der Energiesteuer bzw. Stromsteuer zu Mehreinnahmen von 8 Mrd. €/a und bei der Mehrwert­steuer zu Mindereinnahmen von 8,7 Mrd. €/a führen. Unter dem Strich verbliebe ein Mi­nus von rund 5,7 Mrd. €/a. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Energiesteuer (Mine­ralölsteuer), die Kfz.-Steuer und die Stromsteuer dem Bund zufließen, während die Mehr­wertsteuer aufgeteilt wird: Bund 42,5 %, Länder 47,2 %, Kommunen gut 3,2 %.

Die EU will ab 2035 keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren mehr zulassen. Die Am­pelkoalition hat sich dieser Forderung angeschlossen und nennt 2035 als spätesten Zeit­punkt. Ab dann sollen nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen werden. Bei einer durchschnittlichen Nutzungsdauer eines PKW von 18 Jahren bedeutet das, dass etwa ab 2054 – mit Ausnahme einiger Oldtimer – nur noch Elektrofahrzeuge in Betrieb sind.

Bis 2054 müssen wir also mit steigenden Steuer-Mindereinnahmen von bis zu 5,7 Mrd. € jährlich rechnen – wenn man so will, eine dauerhafte Subvention der Elektroautos. Dieses Ergebnis ist jedoch nicht zwingend, da obige Berechnungen teilweise auf Schätzungen, Fortschreibungen und Durchschnittswerten basieren und von unveränderten Steuersätzen ausgehen. Deshalb sind sie auch kein Plädoyer für einen Verzicht auf die Verkehrswende. Jedoch sollten auch deren finanzielle Auswirkungen Bestandteil der Gesamtbetrachtung sein. Vielleicht habe ich mich ja auch verrechnet.

Über Heiner Jüttner:

Der Autor war von 1972 bis 1982 FDP-Mitglied, 1980 Bundestagskandidat, 1981-1982 Vorsitzender in Aachen, 1982-1983 Landesvorsitzender der Liberalen Demokraten NRW, 1984 bis 1991 Ratsmitglied der Grünen in Aachen, 1991-98 Beigeordneter der Stadt Aachen. 1999–2007 kaufmännischer Geschäftsführer der Wassergewinnungs- und -aufbereitungsgesellschaft Nordeifel, die die Stadt Aachen und den Kreis Aachen mit Trinkwasser beliefert.

Ein Kommentar

  1. Roland Appel

    Man kann es auch umdrehen: Die Konsument*innen und Hersteller sind um 5,7 Mrd./p.A. reicher, der Staat um diesen Betrag ärmer. Damit ist aber das Problem der Disosaurierautos nicht gelöst: E-Autos sind vorwiegend SUV’s jenseits der 2,5 to. Selbst der “kleine” EQC von Benz wiegt 2,5 to, sein nicht in Serie gegangener Brennstoffzellen-Bruder wiegt 1,8 to. und bietet den gleichen Platz und Fahrleistungen bei weniger Stromverbrauch. Vielleicht sollte eine Gewichtssteuer für e-Autos erwogen werden, um die Industrie zu zwingen, kleinere und leichtere Vehikel anzubieten. Denn sie sind eh nur LOKAL emissionsfrei, wenn der Strom nicht regenerativ erzeugt wird.

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