Von George Orwell kann die Idee nicht sein. Der kannte Facebook noch nicht. Adorno auch nicht, obwohl: ich glaube, der ahnte schon was. Der geschätzte Stefan Krempl/heise-online berichtet von einem Pilotprojekt in den USA, Kanada, Australien und Grossbritannien, zufällig (?) also den Ländern, die, wie wir von Edward Snowden wissen, die weltweit beste Geheimdienste-Freundschaft pflegen. Dort können “Mitglieder” von Facebook und Instagram alle Nacktbilder von sich selbst, von denen sie keine Veröffentlichung wünschen, einsenden.
Facebook füttert damit seine für fehlerlosen Datenschutz berühmte Microsoft-Software, und schon weiss der Algorithmus, welche Bildbeiträge automatisch verhindert werden sollen. Sicher, trotz der überragenden KI, “Fehler” können passieren, aber das lässt sich alles regeln.
Ein schöner Vorgeschmack für zukünftige Perfektion. Wofür brauchen wir noch öffentlichen Dienst, wofür Regierungen, wofür Gewaltmonopol, wenn “wir” Facebook haben? Die Facebook-Mitarbeiter*innen, die Zugang zu den gesammelten Daten haben, mit denen ihre KI gefüttert wird – die sind garantiert unbestechlich, fehlerfrei und an sexueller Aufreizung uninteressiert. Ganz im Gegensatz zu vereidigten Beamt*inn*en und gewählten Politiker*inne*n; von denen ist ja allgemein bekannt, was die für einen Schindluder treiben.
Also bitte: wenn Sie nackt vor dem Spiegel oder unter der Dusche posieren oder sich beim Vögeln ablichten lassen – alles schnell an Facebook, damit es ganz privat bleibt und nie, nie, nie verbreitet oder gar verkauft werden kann. Denn nur bei Facebook, das weiss doch jedes Kind, sind Ihre Daten sicher.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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