Weil unsere Medien uns nur unzureichend über andere Teile der Welt informieren, wissen wir oft gar nicht, wie gut die kapitalistischen Umstände vergleichsweise sind, in denen wir leben können. Die guten Gründe, demokratischen Widerstand zu organisieren sind, dass unser System mitverursacht, was woanders für Ausbeutung, Zerstörung und Krieg sorgt; und dass bei uns in den Zentren der Macht die Möglichkeiten, das zu tun, ungleich besser und ungefährlicher sind. Wer sich erfolgreich und klug politisch betätigen will, muss wissen: der gefährlichste Feind ist die eigene Dummheit und Uninformiertheit. Dagegen, das gehört zu unseren günstigen Umständen, können wir etwas tun. Es ist alles sowas altmodisches wie Verantwortung.
Das als Vorspruch, was uns das Folgende angeht.
Der Freitag profitiert von seiner Kooperation mit dem britischen Guardian, der einen ungleich weiteren Horizont hat, als die meisten deutschen Medien. So erfahren wir hier mehr über Militärrepression und Widerstand der Paschtunen in Pakistan, und hier mehr über die aussichtslose Lage der Menschen im Bürgerkriegsland Kongo. Da wir von dessen Rohstoffausbeutung dennoch fortgestezt profitieren, können wir uns auch bei uns selbst über Flüchtlinge aus dem Kongo bedanken (die wenigsten schaffen es bis zu uns; im Kalten Krieg gaben sie sich als Angolaner*innen aus, weil das früher von sog. “Kommunisten” regiert wurde, und für deutsche Asylbeamte sahen schon damals “alle Schwarzen gleich aus”).
In der Türkei verdichten sich die Hinweise für ein mögliches Scheitern Erdogans bei der kommenden Präsidentschafts- und Parlamentswahl, weil sich die Opposition überraschend zu strategischen Wahlbündnissen einigt: Jürgen Gottschlich/taz und Gerrit Wustmann/telepolis berichten. So überraschend erfreulich diese Konstellation heute aussieht, als so schwierig kann sie sich im Erfolgsfalle erweisen: die von Erdogan produzierten ökonomischen Probleme und die Heterogenität seiner Gegner*innen – wohin würden sie führen?
Die Ukraine könnte versucht sein, kurz vor der WM eine militärische Offensive im Donbass zu starten, berichtet Florian Rötzer/telepolis aus russischen Quellen. Letzteres macht klar, dass es für niemanden eine Überraschung wäre, aktuelle politische Spannungen aber wirkungsvoll verstärken würde.
Die Zwickmühlen, zwischen denen die deutschen Großmachtambitionen dabei balancieren müssen, analysieren hier die Kolleg*inn*en von German Foreign Policy (dieser Link verschwindet in einigen Tagen in einem Paywall-Archiv; Paywalls machen nicht nur rechte Medien).

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net