Derzeit stürzen sich die meisten Medien mit Begeisterung auf die angebliche Karrieregeilheit mancher Fridays-For-Future-Aktivist*inn*en, die, in der Regel für die Grünen, im nächsten Jahr für den Bundestag kandidieren wollen. Hatten sie etwa erwartet, dass die jungen Leute sich von dieser Sünde fernhalten wollen? Natürlich nicht, niemand hat das erwartet. Wäre auch schlecht, wenn es so wäre. Alle anderen Parteien müssen sich eher fragen lassen, warum es niemand bei ihnen versucht.
Im Rahmen linker Besserwisserkultur hatte ich das Schlimmste befürchtet, als ich bei telepolis sah, dass sich Autor Tomasz Konicz dieses Themas angenommen hat. Ein kluger Mann, Nur seinem penetranten Determinismus, seiner apokalyptischen Systemkritik, vermag ich meistens nicht zu folgen. Heute überrascht er mich sehr positiv. Aus der Konfliktkonstellation kapitalistischer Wachstumszwang vs. Klimakrise leitet er ab, dass auch das parlamentarische System diesem Systemgegensatz nicht mehr opportunistisch ausweichen kann. Es hat also nichts mit der Charakterfestigkeit parlamentarischer Individuen zu tun. Sie müssen sich für eine Entwicklungsrichtung entscheiden, selbst wenn sie sich davor drücken wollen. Da könnte der gute Konicz rechthaben.
Darum kann sowohl unserem unvollkommenen Demokratiesystem, als auch allen, die an längerer Lebenserwartung interessiert sind, nichts Besseres passieren, als dass möglichst viele Klimaaktivist*inn*en, egal für welche Partei, in den nächsten Bundestag gewählt werden.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net