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Stadtplanung aufwachen!

Es werden noch mehr Autos über uns herfallen
Die Autoindustrie mit der Geschwindigkeit gesellschaftlicher und technischer Veränderungen vertraut zu machen, können wir wohl wegen Aussichtslosigkeit aufgeben. Mir persönlich, ich besitze seit 1978 kein Auto mehr, ist es auch ziemlich egal. Nicht egal ist mir jedoch, wie meine Nahumgebung, meine Stadt und mein Stadtteil, gestaltet wird. Darüber gibt es sich schon genug Sorgen zu machen.
In Beuel soll eine Fussgängerampel abgeschafft werden. Eine Friedhofsmauer soll weg und mehrere Häuser, damit der Autoverkehr “besser” durch Beuel hindurchfliesst, und unsere Atemluft weiter vergiftet wird. Ohne Autoabgase könnte unser Körper sonst Entzugssymptome entwickeln. Das ist alles tiefstes 20. Jahrhundert.
Das ökonomische Gemetzel, das der digitale Datenkapitalismus mit der Autoindustrie anrichten wird, wird nicht für weniger, sondern für mehr Autos sorgen. Sie werden nicht mehr von uns gesteuert, sondern “nur” benutzt. Während wir sie benutzen, werden wir wie ein Huhn in der Schlachtfabrik ausgenommen. Sie nehmen unsere Zeit in Anspruch, die wir durch das Nicht-steuern-müssen des Fahrzeugs übrig haben, und sammeln alles über uns, was nur überhaupt theoretisch gesammelt werden kann. Das ist das neue Kapital. Ja vielleicht können unsere Kinder und Enkel sogar zum “Nulltarif” fahren, wenn sie nur komplett auf Datenschutz verzichten. Schöne Freiheit.
Was heisst das für die Stadtplanung? heise-Autor Timo Daum hat völlig recht, wenn er meint, dass dieser Verkehr der Zukunft “eingehegt” werden müsse. Ich würde weitergehen: dieser Verkehr muss raus aus innerstädtischen Räumen. Er darf allenfalls so viel Fläche beanspruchen, wie wir heute dem Schienenverkehr zubilligen. Wenn die Stadtplanung das nicht begreift, werden die Städte auch ohne Abgase ausserhalb unserer Wohnungen unbewohnbar.
Und glauben Sie nicht, die Sache mit den Daten sei Zukunftsmusik. Sie sind schon vor der TV-Glotze nicht mehr allein.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

2 Kommentare

  1. Harald Möller

    Was heißt denn “Es werden noch mehr Autos über uns herfallen”? Es sind schliesslich Menschen, die diese Autos kaufen und auch fahren. Keiner würde so ein teueres Produkt kaufen und nutzen, wenn es wesentlich mehr Vorteile bietet als ein Konkurrenzprodukt. Alle anderen Alternativen sind wesentlich zeitaufwendiger, unbequemer und auch gefährlicher als das Auto. Menschen sind nunmal, im Regelfall, keine Masochisten, die sich unnötig quälen (lassen). Der “Neue Mensch”, der ausschliesslich für die Gemeinschaft und die Umwelt da ist und entsprechend handelt ist noch nicht erfunden und wird wohl auch in Zukunft Utopie bleiben.

  2. Martin Böttger

    Die Autos der Zukunft werden nicht mehr gekauft und besessen. Sie werden nur benutzt. Als Gegenleistung machen sich die Nutzer*innen datennackt. Der Flächenbedarf für diese Technik wird grösser, nicht kleiner. Das alles ist beeinflussbar. Es wird nur dann so kommen, wenn “die Politik”, jedenfalls die, die noch in unserer Stadt betrieben wird, weiterschläft. Es ist also leider von heute aus gesehen sehr wahrscheinlich.
    Ich persönlich mag die Menschen lieber mit ohne Blech und Kabel um sie herum.

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