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Geisterspiel

Laschet geht an instabilen Krücken – gegen ein Postergirl des Green New Deal
Letzte Woche hatte ich ein illegales Abendessen in Köln, kurz vor der Ausgangssperre. 4 Personen aus 5 Haushalten (oder war es umgekehrt?). Ich bot eine Wette an auf eine zukünftige Bundeskanzlerin Baerbock. Niemand setzte dagegen. Heute Nacht sah sich die CDU mit den ihr nahestehenden Medien zu einer Offenlegung ihrer Mathematik-Unkenntnisse gezwungen: in einer Videogespenstersitzung hätten sich “77%” für den Laschetarmin ausgesprochen. Verzweifelt hofften sie darauf, dass niemand die 6 Enthaltungen berücksichtigt. mit ihnen hätte die Prozentzahl nur noch eine 6 am Anfang gehabt (67%).
War es nicht Laschet, der unbedingt eine Präsenzsitzung der Minsterpräsident*inn*en mit der Kanzlerin haben wollte, statt der Videokonferenzen, bei denen viele real abwesend waren? Für dieses saftlose Votum genügte ihm eine Videokonferenz seines Parteivorstandes. Das Wahlergebnis 30:9:6 erinnerte mich an Ergebnisse von Klassensprecherwahlen in meiner Schule, als wir damals in der Unterstufe des Gymnasiums der “Pillenknick” waren, der der angeblichen “Lehrerschwemme” gegenübersass (s.S. 2 der verlinkten Datei).
Wie vergiftet das Innere der CDU ist, machte niemand geringeres als Merkel-Adjudant Peter Altmaier deutlich, der durchsickern liess, er habe vorgeschlagen, die CDU-Kreisvorsitzenden abstimmen zu lassen. Zwar sind die auch nicht repräsentativer als andere Delegationssysteme, sind sie doch eher Ausübende eines besonders undankbaren Ehrenamts. Aber Altmaiers Gift wirkt: Laschet und seine “Mehrheit” fürchten die Unzurechnungsfähigkeit ihrer eigenen Basis.
Die Herrschenden und ihre Medien fallen von der CDU ab
Die herrschenden Medien halten es für besonders schlau, dass die Grünen gestern symbolisieren liessen, das Privatfernsehen habe sie ins Herz geschlossen. In der Tat liess die Regie von Pro7 daran keinen Zweifel entstehen.
Am rechten Rand der Konservativen, also z.B. im Wirtschaftsressort der FAZ, finden bereits heftige Fraktionskämpfe statt, die mit saftig Pathos ausgerüstet werden: “Was für Deutschland auf dem Spiel steht” (Paywall), “Die Prioritäten der Grünen“, “Mit einer möglichen grünen Kanzlerin will es sich niemand verscherzen” (Paywall). Müssen wir also im September überhaupt noch zur Wahl gehen?
Grüner Keil in herrschender Klasse?
Frau Baerbock verschleiert nichts, und beeindruckt schon allein dadurch. Sie macht ein Angebot an die herrschende Klasse, den Kapitalismus zu retten. Denn wer gegen die Klimakrise nicht kämpfen will, ist so gut wie tot. Die Mehrheit der Wähler*innen weiss das längst, insbesondere der Wählerinnen (Männer nicht mitgemeint). Meine mit 96 verstorbene Omma hatte kurz vor ihrem Ableben noch Bärbel Höhn (Video, nur eine Woche verfügbar) gewählt, weil sie die Herren Clement und Möllemann als extrem schlecht erzogen empfand (Recht hatte sie). Diese Merkel-Wählerinnen werden zu Baerbock überlaufen – als Erbschaft an ihre Nachkommen.
Die grünenhassende Lobby wird sich auf das vergleichsweise “linke” Wahlprogramm der Grünen stürzen, um vor ihnen Angst zu machen. Altbewährt, aber auch sehr von gestern. Denn damit sichern sie den Grünen die jungen, klimapolitisch-zweifelnden Wählerinnenstimmen, die kein radikaleres Angebot bei der Bundestagswahl finden können. Programme sind als Selbstvergewisserung einer Partei relevant, für Regierungshandeln waren sie es – zu meinem Bedauern – fast nie. Baerbock und Habeck haben längst “professionell” nachgewiesen, dass sie auf nichts festnagelbar sind. Das ist mein Problem mit ihnen, das sie von der eben erwähnten Bärbel Höhn übrigens unterscheidet. Heutige Campaigner*innen finden das eher modern und zeitgemäss.
Entscheidend für meine verbleibende Lebenszeit bleibt: würden sie ähnlich wie Joseph Fischer 1999 in Kriege ziehen? Oder sie vorsorglich vermeiden und verhindern? Auch darauf ist Baerbock nicht festnagelbar. Zeitgemäss für mich ist das nicht.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

2 Kommentare

  1. Gernot G. Herrmann

    Lieber Martin,

    sie würden (und werden) in den Krieg ziehen. Leider.

    • Martin Böttger

      Lieber Gernot, das nennt mann Determinismus. Halte ich nichts von. Nichts kommt automatisch. Es ist beeinflussbar. Sogar von Dir und mir.

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