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Warum Heiko Maas zurücktreten muss

Heiko Maas ist zweifellos der Aussenminister der Bundesrepublik Deutschland mit den geringsten politischen Wirkung seit Jahrzehnten. Sein kleines politisches Karo der unsozialdemokratischen Konzeptionslosigkeit unterbietet locker Guido Westerwelle und Sigmar Gabriel  – von politischen Giganten wie Willy Brandt, Walter Scheel, Hans-Dietrich Genscher oder Frank-Walter Steinmeier und dem vergleichsweise soliden Joschka Fischer gar nicht zu reden. Aber nicht nur durch die Strategie- und Ziellosigkeit seiner Amtzeit, sondern vor allem durch das völlige Versagen in der Afghanistan-Krise hat er sich selbst disqualifiziert. Noch nie hat eine politische Führung den durchaus konservativen, aber traditionell gut informierten Apparat des Auswärtigen Amts so gnadenlos ignoriert, enttäuscht oder nicht verstanden.

Selten hat ein Außenminister so sehr darauf verzichtet, eigene Initiativen zu entwickeln, Krisendiplomatie zu pflegen und nicht nur vor Ort, sondern mit Freund UND Feind permanent im Dialog zu bleiben, um kommunikations- und handlungsfähig zu sein. Sein Russlandbashing, seine einseitige Ukraine-Politik, die Abkehr von sozialliberaler Entspannungspolitik, die Abstinenz im Syrien-Konflikt mit Russland und Assad, und nicht nur mit Erdogan und den USA zu sprechen – all dies hat der internationalen Reputation Deutschlands als Vermittler in Konflikten mehr als geschadet. Er ignoriert bis heute die Flüchtlngssituation im Mittelmeer durch die EU-Unterstützung krimineller Banden genannt “libysche Küstenwache”, er überliess die Auseinandersetzung mit den Europäischen Verfassungsfeinden Kaczyński und Orban weitgehend der Bundeskanzlerin.  Dieser Mann ist nicht nur eine politische “Flasche”, er ist ein Totengräber sozialdemokratischer Aussen- und Entspannungspolitik.

Maas’ Kleben am Amt schadet der SPD

Deshalb geht in Berlin auch niemand mehr davon aus, dass Maas irgendeiner künftigen Regierung nach der Wahl noch angehören könnte. Das ist auch gut so. Aber für die kommende Bundestagswahl und die Sozialdemokraten ist es nicht gut genug. Denn Afghanistan ist ein zentrales Thema bis zum Wahltag und wird es ggf. darüber hinaus bleiben. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Penetranz und Unverfrorenheit Annegret Kramp-Karrenbauer, Horst Seehofer und Heiko Maas an ihren Ämtern kleben, obwohl sie die politischen Versager der Krise sind, die Entscheidungen zu verantworten haben, dass afghanische Ortskräfte nicht  rechtzeitig evakuiert werden konnten, die sich aus parteipolitischer Dummheit und Engstirnigkeit am 23.6.2021 gegen den Antrag der Grünen im Bundestag wandten, obwohl dieser eine Möglichkeit eröffnet hätte, schnell und unbürokratisch die Ortskräfte der Bundeswehr in Afghanistan zu retten, die nun unter der Herrschaft der Taliban feststecken. Maas trägt voll Verantwortung für diese Situation.

Der Unterschied von SPD und Christdemokraten

Ein deutlicher Unterschied von CDU und SPD in der Geschichte der Bundesrepublik war die Aufrichtigkeit der SPD, zu erkennen, wenn ihre Repräsentanten Fehler gemacht hatten. Willy Brandt trat zurück, weil sich ein Spion – ohne seine Schuld – in seiner Nähe aufhalten konnte. Björn Engholm legte sein Amt als SPD-Vorsitzender 1993 nieder, als ruchbar wurde, dass einer seiner Vertrauten den Barschel-Komplizen Pfeiffer mit einer fünfstelligen Summe bestochen hatte. Helmut Kohl dagegen weigerte sich bis zum Tode, die illegalen Spender der CDU in der Affäre um den Verkauf der Minol-Tankstellekette der DDR und um andere Parteispenden zu nennen. Er trat auch nicht zurück, sondern musste von Angela Merkel sogar aus dem Amt des Ehrenvorsitzenden expediert werden. Franz-Josef Strauss war in die “HS 30” und die  “Starfighter-Affäre”, verstrickt, beide Male ging es um Bestechung im Zusammenhang von Rüstungsprojekten, und er behielt sein Amt. Sozialdemokraten machten Fehler, aber sie traten als gute Demokraten zurück. Jahrzehntelang sicherte diese Integrität den Sozis einen Vorsprung vor Christdemokraten, die an ihrem Amt klebten, egal was sie verbrochen hatten – unvergessen die Lüge von den “jüdischen Vermächtnissen” der Hessen-CDU Alfred Dreggers.

Eine geschichtslose Generation Sozis

Aber auch dies scheint die SPD-Generation Heiko Maas’ vergessen zu haben. Er klammert sich weiter an sein Amt, schützt vor, er müsse die Evakuierung von Kabul weiter koordinieren – wie will er nun tun, was er wochen- und monatelang vertrödelt und verharmlost hat? Annegret Kramp-Karrenbauer will es ihm gleich tun. Zwei Versager klammern sich aneinander und ihren Job, um irgendwie durchzukommen. Und behaupten, sie würden damit Verantwortung übernehmen. Verantwortung übernehmen?  Liebe AKK und lieber Heiko, das würde bedeuten, dass Ihr beide so schnell wie möglich euren Hut nehmt und zurücktretet! Nein, es geht nicht darum, noch etwas zu vollenden, denn alles, was die Ministerien und die Bundeswehr tun können, können sie auch ohne Euch mit Staatssekretär*innen an der Spitze, mit Rückendeckung des Bundeskabinetts und im Rahmen der EU und der UNO die Scherben zusammenkehren. Und das ist besonders an Heiko Maas gerichtet: Fünf oder sechs Jahrzehnte lang haben Sozialdemokraten in Deutschland die frühere, ehrlichere, schnellere Entscheidung getroffen, durch einen Rücktritt den Weg für eine andere Politik freizumachen.

Sozialdemokraten: Im Zweifel für die Demokratie

In den vergangenen vier Jahren haben die Sozialdemokraten in der GroKo viele Kröten geschluckt und einiges erreicht. Aber sie haben viele Menschen enttäuscht, die SPD gewählt hatten und etwas anderes – z.B. rot-rot-Grün – gewählt hatten und wollten. Ein tiefes Misstrauen gegen die SPD ist der Grund, dass sie in der vergangenen Bundestagswahl so dramatisch verloren haben. Und dass sie jetzt nur deshalb im Bereich der Spitzenkandidat*innen gewinnen, weil sie von den Schwächen der Mitbewerber*innen profitieren.  Deshalb wäre es ein wichtiges, ein glaubwürdiges Zeichen der SPD, wenn Heiko Maas jetzt zurücktreten und damit den Weg frei machen würde, damit sich die SPD und ihr Spitzenkandidat  Olaf Scholz von der CDU unterscheiden und absetzen kann. Schließlich ist auch er aufgrund der Cum-Ex-Geschäfte der Hamburger Warburg-Bank nicht unantastbar. Heiko Maas steht einer erfolgreichen Kandidatur seines Kanzlerkandidatenl im Weg. Dass er das immer noch nicht begriffen hat, wirft ein weiteres schlechtes Licht auf seine persönliche politische Erfahrung und letztlich auch auf das Personalmanagenent der SPD-Bundesspitze Esken/Borjans. Die muss jetzt handeln. Denn jeder Tag zählt.

 

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net

4 Kommentare

  1. Helmut Lorscheid

    Das Maas ist voll! Jawohl – zurücktreten und bitte, bitte lebenslang im Saarland bleiben, gemeinsam mit Brunhilde Trump-Knarrenbauer und diesem dicken im Wirtschaftsministerium wie heißt der noch? Peter Altmaier. Wie kommt es, dass wir drei Bundesminister aus diesem kleinen Land haben? Und alle sind gleich grottenschlecht?

    • Martin Böttger

      Scheuer ist Bayer. Seehofer ist Bayer. Obwohl: Klöckner ist aus Rheinland-Pfalz, Das ist ja fast auch Saarland 😉

  2. Roland Appel

    Das Saarland hat eine besondere politische Tradition: Es hat intellektuelle Größen hervorgebracht, wie Erich Honecker (“Den Sozialismus in seinem Lauf, hält weder Ochs noch Esel auf…”), Werner Klumpp (FDP), der 1982 zu den Rechten gehörte, die die Wende der FDP zur CDU vorbereitet haben, Franz-Josef Röder (CDU-Ministerpräsident von 1959-79, seit 1934 Mitglied des NS-Lehrerbundes, wurde 1957 in ersten Kabinett der CDU Minister für “Kultus, Unterricht und Volksbildung”, bevor er zwei Jahre später Ministerpräsident wurde. Die FDP an der Saar war von 1948-1955 national-völkisch und betreibt bis heute eine Landesstiftung – Villa Lessing -, die mit Referenten des AfD-Spektrums und der Identitären Bewegung unter Moderation von Roland Tichy Veranstaltungen durchführt. Oskar Lafontaine machte sich zwar um die Friedensbewegung verdient, sprach aber bereits in den 90er Jahren statt von Migranten von “Fremdarbeitern”(So nannten die Nazis ausländische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene aus den besetzten Ostgebieten). Ein Teil der Grünen im Saarland unter dem Politik-Mafioso Hubert Ulrich ist korrupt und hat dafür gesorgt, dass es bei der kommenden Bundestagswahl keine Landesliste gibt, deren Stimmen zum Wahlergebnis der Grünen im Bund zählen. Macht aber nix, weil im Saarland sowieso kaum jemand die Grünen wählt. Und wie die Verhältnisse der zeitweise staatseigenen Monopolpresse der “Saarbrücker Zeitung” stehen, kann man hier:
    https://www.zeit.de/1969/07/der-bischof-bietet-mit/komplettansicht
    sehen. Ein Bundesland lupenreiner Demokraten…

    • Martin Böttger

      Kannichnich sehen. Paywall.

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