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Drohnen statt Kreuzfahrtschiffe

Wie der deutsche Bauchnabel Failed States produziert
Kreuzfahrten kann ich mir zwar nicht leisten. Ich fahre sie nur in ihren Werbeprospekten nach. Denen entnahm ich diese Woche, dass derzeit von den Malediven ohne Zwischenhalt bis Zypern durchgefahren wird. Anhalten ist zu gefährlich. Djihadisten, Bürgerkriege, Hungerdürren, keine Impfstoffe, Drohnen. Für all diese Dinge sind Kreuzfahrtgäste zu empfindlich. All das verdichtet sich im weiträumig umfahrenen Somalia.
Für ausländisch aussehende Menschen betragen die dortigen Security-Kosten 1.000 $/Tag (so die Angabe der SWP in Berlin). Das wäre selbst für reiche weisse Kreuzfahrer*innen zu viel, und wird darum nur für Geheimdienstzwecke aufgewandt. Das ist dort so seit 1977. Deutsche “Entwicklungshilfe” hat den bis dahin dort existierenden Staat niedergebrannt. Eine Terroristenbande hatte ein deutsches Passagierflugzeug dorthin entführt. Der Genosse Wischnewski reiste an, kaufte den Staat mit seiner angeblich “sozialistischen” Regierung Barre im Auftrag der Bundesregierung aus dem Ostblock heraus, die der deutschen GSG9 daraufhin die Stürmung des Flugzeuges gestattete.
Seitdem werden hierzulande Heldensagen gepflegt, abergläubischen religiösen Kulten nicht unähnlich, während der nach diesem “Ereignis” zerfallene Staat Somalia heute mit keinem Arsch mehr angeguckt wird. Dabei wäre es aktuell besonders lehrreich für die real existierende BRD.
Bekanntlich wird im deutschen Parlament und seinen Parteien wortreich über den Sinn und Unsinn von militärischen Drohnen diskutiert. Typisch: wie immer zu spät. Denn die Drohnen fliegen längst, u.a. von Deutschland aus militärisch gesteuert. Die von hier aus gelenkten Drohnen konkurrieren rüstungsökonomisch mit denen von Recep T Erdogan, der, ich vermute das jetzt mal freihändig, gewiss mit technologischer Hilfe aus Deutschland, zu einem führenden Exporteur dieser mörderischen Spielsachen aufgestiegen ist.
Dieser Herr Erdogan ist bereits in Somalia besonders aktiv, nicht nur mit Drohnen sondern auch mit Schulungen in Islamismus. Das betreibt er in Afrika strategisch weit ausgreifend gemeinsam mit dem Fussball-WM-Veranstalter Qatar, und in Konkurrenz zu den gleichfalls auf diesem unerschöpflichen Markt aktiven Wahabiten aus Saudi-Arabien und den steinreichen Golf-Emiraten.
Die französischen Neokolonialisten ärgern sich mit den Ergebnissen islamistischer Mission sicht- und hörbar herum. Die deutschen Konkurrent*inn*en um die EU-Führung sehen in dieser Schwäche ein Fenster der Gelegenheit und entsenden ihrerseits Bundeswehr, um die Probleme zu beherrschen. Das funktioniert, ebenfalls gut sichtbar, überhaupt nicht. Warum? Weil sich europäische Regierungen und Öffentlichkeiten für die Menschen dieses ganzen Kontinentes, ihre Alltags- und Politikprobleme überhaupt nicht interessieren. Darum wissen sie nichts, und bauen durchweg nur Scheisse. Dem behelfen sie sich damit, dafür Schuldige zu suchen und zu finden, entweder Russen, die sind auch schon da mit privaten Söldnern, oder noch besser irgendwelchen schwarzen Diktatoren, die erst gekauft, dann benutzt, und dann zum Abschuss freigegeben werden. Der Nächste bitte. Es war und ist noch immer so.
Bettina Rühl weiss das. Sie lebt seit 2011 in Nairobi, und hat zuvor Afrika viel bereist. Durch die Pandemie ist das Reisen schwierig bis unmöglich geworden. Über Somalia gibt es in Nairobi viel zu erfahren. Hunderttausende sind vor dem Bürgerkrieg und den Djihadisten-Milizen dorthin geflohen. Und vor den Drohnen, die dort immer mal wieder tödlich abregnen. Selbstverständlich “nur zum Schutz unserer Soldaten”, wofür sonst?
Mit herzlichen Grüssen an den Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages. Wenn Sie dagegen was unternehmen wollen, bitte hier entlang oder hier in Bonn.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

Ein Kommentar

  1. W. Nissing

    Naja, “wir können auch anders” , um mal einen schönen Filmtitel zu zitieren. Wie weit dieses Unternehmen jetzt selbstlos und mit absolut lauteren Mitteln agiert, habe ich noch nicht eruieren können. Von außen betrachtet hielte ich es aber immer noch für sinnvoller, in die Regionen wo die BW agiert, Container zu transportieren. Die dürften komplett wohl so um die 50t € kosten. Bei den Budget für die Militärs dürfte man da einige Container abwerfen können und dabei vermutlich gleichzeitig den mörderischen Wüstensöhnen die Arbeitsgrundlage entziehen.
    https://www.africagreentec.com/

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