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Ulrike Guérot: Zu friedlich für Uni-Jusos

Das möchte ich erst mal in Gänze zitieren. Das Bonner Studentenparlament hat auf Antrag nicht der Jungen Nationaldemokraten, sondern der Jusos folgenden Beschluss gefasst: “Das 44. Studierendenparlament der Universität Bonn missbilligt die jüngsten Aussagen von Professorin Dr. Ulrike Guérot in Bezug auf den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine, die sie bei ‘Viertel nach Acht’, einer Sendung von BILD TV, getätigt hat. Zudem fordern wir sie auf, solche öffentlichen Aussagen in Zukunft zu unterlassen. Diese Aussagen sind zweifelsfrei von der Meinungsfreiheit geschützt, jedoch schaden sie ob der Position als Professorin dem Ansehen der Universität Bonn.”

Die Jusos sind bekloppt – wäre eine Erklärung. Woran hät et jeleje? Haben sie das falsche Zeug geraucht, war das letzte Bier am Abend vorher schlecht? Ich war nicht dabei, ich weiß es nicht. Vorausgesetzt unser akademischer Nachwuchs war nüchtern, was ja sein kann, dann stellen sich ernsthafte Fragen. Sind die so? Und wer sonst noch? Grüne? Linke? Liberale, Konservative? – Einfach alle – alle neben der Spur? Lag es wohl möglich am Mensa-Essen?

Eine beängstigende Situation. Im General Anzeiger stand zum Bericht über diesen Beschluss ein, wie ich finde, guter Kommentar von Philipp Königs. Der schrieb u.a. “Nach mehr als sieben Jahrzehnten friedlicher Demokratie sollten wir hierzulande eigentlich in der Lage sein, nicht unentwegt mit den Säbeln zu rasseln und verbal ein bisschen abzurüsten.”

Dieser Beschluss ist sinnfrei, undemokratisch und abwegig. Nehmen wir mal die angebliche “Schädigung des Rufs der Bonner Uni”. Also da kann ich mich an andere Rufschädiger erinnern. Allen voran der sehr rechte Professor Hans-Helmuth Knütter (über den Martin Böttger sicherlich sehr viel schreiben könnte) als ein Beispiel. Was Frau Prof. Ulrike Guérot gesagt hat, ist dagegen schlicht nur vernünftig.

Viel mehr Sorgen bereitet mir die Ausbildung ukrainischer Soldaten an deutschem Gerät. Damit macht sich die Bundeswehr und Deutschland zur Kriegspartei. So die Erkenntnis des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages, worauf auch die Linke Verteidigungspolitikerin Zaklin Nastic in einer Presseerklärung hingewiesen hat. Ich weiß noch nicht genau, worauf sich Nastic bezog, aber ich habe beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages eine Studie gefunden, die in etwa diese Position wiederholt. (WD 2 – 3000 – 019/2)

Wörtlich heißt es in dieser Ausarbeitung der Wissenschaftler: “Erst wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen.”

Ich finde, der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages unterstützt damit auch die Position der Bonner Wissenschaftlerin Ulrike Guérot.

8 Kommentare

  1. Martin Böttger

    Herr Knütter hatte Anfang der 80er Jahre sechs Student*inn*en, darunter mich, wg. “Hausfriedensbruch und Nötigung” angezeigt. Das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren dauerte zwei Jahre. In dieser Zeit absolvierte ich bei ihm ein Hauptseminar, das ich mit der Note 2 abschloss. Herr Knütter war während dieser Zeit nach meiner subjektiven Wahrnehmung von Angst/Furcht erfüllt. Wir haben es aber beide geschafft, “die Form” zu wahren. Das Ermittlungsverfahren wurde gegen Zahlung einer Geldbusse von 60 Mark eingestellt. Ich habe dafür hinreichend Spenden erhalten. Und mehrere Wahlkämpfe (SP und Fachschaft) mit diesem “Thema” erfolgreich bestritten (u.a. gegen meinen Lieblingsgegner Stephan Eisel).
    Nun zu Frau Guérot.
    BILD-TV klicke ich nicht. Frau Guérot könnte eine bessere Medienberatung vertragen. Viele Jahre war sie ein It-Girl diverser TV-Trash-Talks, bis sie in der Pandemie abweichende Meinungen vertrat. Es waren nicht meine. Aber sie waren legitim, klassisch bürgerlich-liberal. Seitdem lädt sie keine*r mehr ein (wenige Ausnahmen), was sie persönlich nicht nur verständlicherweise verduzt, sondern auch auf die Palme treibt. Denn gut schwätzen kann sie zweifellos.
    Bei Helmut Hetzel, der ein in den Niederlanden angesiedeltes Portal betreibt, über dessen politische Satisfaktionsfähigkeit ich nicht informiert bin, hat sie eine elaborierte politische Position zum russischen Angriff auf die Ukraine vertreten, in der ich nichts Falsches entdecken konnte.
    https://www.hetzelmedia.com/ukraine-in-die-eu-was-kommt-nach-putin/
    Wenn das die Grundlage ist, verstehe ich die Aufregung nicht. Aber in der Aufmerksamkeitsökonomie wird ja heute Vieles sehr eigendynamisch. das war in meiner SP-Zeit im vorigen Jahrhundert auch schon so.

  2. Ulrike Guérot

    @Herr Böttger: danke für diesen kleinen Kommentar, die Erinnerung an Herrn Knütter und den Hinweis/Link auf mein Interview zur Ukraine… 🙂 herzlich Ulrike Guérot

  3. Roland Appel

    Ich bin heute im Kölner Stadtanzeiger über die Berichterstattung gestolpert und bin entsetzt über das zunehmende Maß an Intoleranz bis zur Bereitschaft zur Zensur, Ausgrenzung und Verächtlichmachung von Menschen, die eine andere Meinung, als die “herrschende Meinung” vertreten. Der liberale Denker und Journalist Karl-Herrmann Flach hat in seinem berühmten Büchlein “Noch eine Chance für die Liberalen” 1971 geschrieben: “Wer abweichende Ideen als Häresie verbietet und kritisches Leugenen des Gültigen als Ketzerei verfolgt, behindert nach liberaler Auffassung den politischen und gesellschaftlichen Fortschritt. Niemand weiss, welche Minderheiten von heute die Mehrheiten von morgen sein werden.” Das gilt heute wie damals, auch wenn es heute gezielte Falschinformationen (a)sozialer Netzwerke gibt. Aber die lassen sich eben auch nicht verbieten, sondern sie müssen durch Aufklärung erkannt werden. Das ist natürlich anstrengend, wenn man nur in 140 Zeichen – Meldungen zu denken gewohnt ist.

  4. A.Holberg

    Was zum Thema “Cancel-Barbarei” aus der Tradition der “Aufklärung” und damit der wissenschaftlichen Herangehensweise an jedwelche Fragen zu sagen ist, wurde hier schon gesagt. Mir schwant aber, dass Menschen in dieser Tradition, vom Liberalen, soweit er diese Qualifizierung zu Recht trägt, bis zum Marxisten, die psychische Seite des Menschen unterschätzt haben und weiter unterschätzen. Was sie die Jusos & Co. hier leisten, hat unübersehbare Ähnlichkeiten zu religiösem Wahn, zum christlichen Feitstanz, zum muslimischen Jihadismus à la Daesh etc. und ist wohl eine eben durch die Psyche verdrehte Widerspiegelung der wie es aktuell angesichts realer Alternativen scheint verständlichen Angst vor der Zukunft. Als Parallele fällt mir dazu der “Ja” brüllende Jubelchor auf die berühmte Frage “Wollt Ihr den totalen Krieg?” ein. Man lese dazu das berühmte Buch von Gustave le Bon “Psychologie der Massen” aus dem Jahr 1895, in dem im übrigen auch deutlich gemacht wird, dass diese keineswegs nur mangelhaft Gebildete im Griff hat. Darüberhinaus möge man die folgenden Ausführungen bedenken:
    “Die Menschen waren in der Politik stets die einfältigen Opfer von Betrug und Selbstbetrug, und sie werden es immer sein, so lange sie nicht lernen, hinter allen möglichen moralischen, religiösen, politischen und sozialen Phrasen, Erklärungen und Versprechungen die Interessen dieser oder jener Klassen zu suchen.” (W.I.Lenin: “Drei Quellen und drei Bestandteile des Marxismus”, März 1913 , LW 19, S.8)

    • Martin Böttger

      Versuchen Sies mal ‘ne Nummer kleiner. Die Juso-Hochschulgruppe und das Bonner SP sind nicht der Berliner Sportpalast, zu keiner Zeit. Gucken Sie vielleicht zuviel “Sketch-History” (ZDF)? Es gibt Alternativen.

  5. A. Holberg

    Dass das Bonner SP der Berliner Sportpalast sei, habe ich nicht behauptet. Es geht um generelle psychische Neigungen, die natürlich in – je nach Situation – unterschiedlicher Intensität zum Vorschein kommen. “Sketch History” gucke ich nicht “zuviel”, ich werde erstmals durch Sie über seine Existenz informiert. Ansonsten: Die Tatsache, dass Hitler ein Verbrecher war, bedeutet nicht unbedingt, dass er in seiner Einschätzung der Massenpsychologie und folglich der Propaganda unrecht hatte – in “Mein Kampf” legt er seine Ideen dazu dar. Er verstand davon jedenfalls offensichtlich mehr als die sogenannte Linke oder die “Links”-Liberalen, mögen diese auch den aktuellen Ukraine-Krieg eifrig nutzen, um das Versäumte nachzuholen.

    • Martin Böttger

      Mein Tipp: mal irgendwas loben, was Sie gut finden. Da machen Sie sich mehr Freundinnen und Freunde mit, Sie selbst könnten sich besser fühlen, und dem Fortschritt würde es auch dienen.

  6. A.Holberg

    Dass das Bonner SP der Berliner Sportpalast sei, habe ich weder geschrieben noch gemeint. Allerdings deutet der Stil, dessen sich Herr Böttger in der Antwort auf meinen Kommentar bedient – ein Stil , mit dem ich leider seit Beginn des Stellvertreterkrieges in der Ukraine von “linkd”-liberaler Seite schpn des öfteren konfrontiert wurde und der mir typisch für Neubekehrte zu sein scheint – genau auf das hin, was im Zentrum meines Beitrags stand: die Ertränkung der Vernunft im Meer der Emotionen des vermeintlichen Gutmenschentumd.

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