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Melnyks Abberufung – ein normaler Vorgang

Seit er in Deutschland ist, besuchte Botschafter Andrij Melnyk, regelmäßig das Grabmal des ukrainischen Nationalisten und Antisemiten Stepan Bandera. An die Verantwortlichen in München stellt sich die Frage, warum es dieses Grabmal überhaupt noch gibt.

Jedenfalls ist Melnyk ein großer Verehrer dieses Faschisten und hätte schon deshalb gar keine Akkreditierung als ukrainischer Botschafter in Berlin erhalten sollen. Das deutsche Auswärtige Amt und der Bundespräsident müssen nicht jeden hergelaufenen Neofaschisten als Botschafter des jeweiligen Endsendelandes akzeptieren. Dass die Anerkennung dieses Typen ein Fehler war, sollte sich in den vergangenen Monaten zeigen. Melnyk verhielt sich etwas anders, als dies für einen Diplomaten angebracht und üblich ist.

Fast täglich beleidigte er Mitglieder der Bundesregierung, des Bundestages und den Bundespräsidenten, verunglimpfte große Teile der deutschen Bevölkerung. Dafür wurde er von den Medien in Deutschland geradezu geliebt und in jeder Form unterstützt. Selbst als er den SPD-Außenpolitiker und ehemaligen Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, öffentlich als “Arschloch” bezeichnete, wurde er nicht etwa ins Auswärtige Amt bestellt oder gar zur unerwünschten Person erklärt, sondern in weitere Talkshows eingeladen.

Ich bin davon überzeugt, hätte sich irgend ein anderer Botschafter so aufgeführt wie dieser rüpelhafte Kerl, er wäre nach wenigen Tagen auf Betreiben der Bundesregierung von seinem Land abgezogen worden. Melnyk durfte bleiben und weiter machen. Andererseits scheint er mir persönlich ein guter Botschafter der Ukraine zu sein – seine Geisteshaltung entspricht dem Nationalismus und offenen Rassismus, insbesondere gegenüber Afrikanern und Arabern, den ich von ukrainischen Frauen und Männern in Bonn erlebt habe.

Seine jetzige Abberufung aus Berlin erfolgt nach einer außergewöhnlich langen Zeit als Botschafter in Berlin und nach Aussage des ukrainischen Präsidenten Präsident Wolodymyr Selenskyj im Rahmen weiterer Botschafterwechsel in Norwegen, Tschechien, Ungarn und Indien. In einer Videobotschaft sprach Selenskyj von einem normalen Vorgang. „Diese Frage der Rotation ist ein üblicher Teil der diplomatischen Praxis“, sagte er,

4 Kommentare

  1. Martin Böttger

    “Rassismus, insbesondere gegenüber Afrikanern und Arabern” gab es meines Wissens in Bonn schon weit vor der Ankunft ukrainischer Flüchtlinge. Dafür brauchen “wir in Bonn” überhaupt keine Einwanderer*innen und Flüchtlinge, “das schaffen wir” schon ganz alleine … Und die Bonner*innen, die das bekämpfen wollen, sollten sich nicht spalten lassen.

    • A.Holberg

      Klar – Rassismus der verschiedensten Art bzw. mit verschiedenen Opfern gab und gibt es schon seit langem und (fast) überall und natürlich auch hier. Aber was hat das mit der “Spaltung” der Antirassisten zu tun?

    • Martin Böttger

      Ich kenne Menschen, die – hier in Bonn und anderswo – Rassismus bekämpfen wollen, aber zum Ukrainekrieg recht verschiedene Meinungen haben. Ich finde es richtig, wenn die dennoch weiter zusammenarbeiten.

  2. A.Holberg

    Wenn man etwas zynisch sein wollte – oder ist das nur ein anrüchigeres Wort für “realistisch”? -, dann könnte man davon ausgehen, dass Melnyk als angemessener Repräsentant seines Regimes in Kiew sich diese Töne z.B. gegen unsere “beleidigte Leberwurst” (aka Herr Scholz) leisten konnte, weil seine Regierung seine Bürger verbluten lässt, um “unseren” Krieg (sprich: den der westlichen “Wertegemeinschaft”) gegen Russland zu führen. Umsonst gibt es auf dieser Welt nichts. Dass er die freudigen Pogrome seiner (geistigen) Vorfahren gegen die Juden und Polen in der Ukraine leugnet, wenngleich etwas verschämt, war natürlich etwas zu viel des “Guten”. Zwar war das aus innerukrainischen Gründen wohl nötig, denn die Anhänger des Faschisten Bandera stehen ja im gegenwärtigen Krieg ebenso wie einst beim “Maidan” von 2014 an vorderster Front, aber da die hinter der Parole des Kampfes gegen den “Antisemitismus” versteckte Unterstützung des in Gestalt Israels realisierten Zionismus zum staatstragenden Ritual der BRD erklärt worden ist, musste die Bundesregierung nun doch symbolisch handeln . Warten wir ab, was für eine Gestalt sie demnächst als ukrainischen Botschafter empfängt.

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