Beueler-Extradienst

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“Wir haben diesen Blick auf die Welt”

Die Bundesaussenministerin lässt sich in der FAZ-Paywall mit der Schlagzeile „Unsere Waffen helfen, Menschenleben zu retten“ profilieren. Da bin ich persönlich doch erleichtert, dass der Bundeskanzler persönlich zur UN-Vollversammlung anzureisen gedenkt. Ich gehöre nicht zu seinen Fans, war auch keiner, als ich ihn noch persönlich kannte. In der Regierungskoalition scheint er geradezu eine Speerspitze des Realismus zu sein. Was selten ist, ist wertvoll. Darum sollten Sie sein DLF-Interview von diesem Wochenende nicht versäumen. Es steht bereits online.

“Völlig im Einklang”

Dass Springeroligarch Döpfner eins seiner Medien gegen einen Mieter seiner Latifundien hetzen liess – Mitleid liegt mir in diesem Fall fern – war – im Gegensatz zu Massagesitzen oder Bobbycars – „völlig im Einklang mit unseren Richtlinien“, desselbigen Springerkonzerns. Das ist doch mal eine wichtige Information für all die wertebasierten Politiker*innen, die sich immer noch sooo gerne in solchen Medien zeigen. Ältere wissen das spätestens seit 1968.

Falsche Frage

Anna Lehmann, Stefan Reinecke und Pascal Beucker hielt ich bislang für denkende Teile der taz-Redaktion. In einer langen Analyse der Konflikte in der sich anmassend “Die Linke” nennenden Partei formulieren sie gegen Ende: “Die Frage ist, wer Schuld hat am Zustand der Linken.”

Das ist falsch. Das interessiert allenfalls Mitglieder dieser Partei plus die kleine Hauptstadtblase, die “Berliner” zu nennen eine Beleidigung der Mehrheit der gleichnamigen Stadt darstellt. Bedauerlich für eine “tageszeitung”, die gerne überregional wäre.

Die Frage ist, welche politische Repräsentanz engagierte radikale Klimaschützer*innen (wer in dieser Frage noch nicht radikal ist, will es eben nicht), Friedensinteressierte und sozial deklassierte Nichtangehörige der herrschenden Klassen – also eine Mehrheit! – unserer Republik finden. Welche Angebote gibt es noch? Warum und wofür wählen? Wie in den USA, Frankreich, Italien, Schweden, Österreich, demnächst Spanien u.v.a. wird die Faschismusoption warm und offen gehalten, bleibt virulent und politisch relevant. In UK fragt sich, ob die Tories sich von den Boris-Nachfahren ähnlich überwältigen lassen. Das ist die Frage. Und sie ist in allen genannten Ländern offen. Noch.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

2 Kommentare

  1. Peter Kramer

    Sehe ich genauso – das Dilemma der Partei “Die Linke” geht weit über deren Mitglieder und Wähler hinaus.
    Wenn die taz-Autoren formulieren was ihnen anscheinend fehlt: “eine internationalistische, weltoffene und moderne Partei, die mit SPD und Grünen konkurriert?” stellt sich mir die Frage, mit wem konkurriert um was?
    Mit den jeweiligen Vordenkerinnen um den höheren Militäretat? Die stärkere Abschottung der EU?
    Für mich geht es eher darum die Teile der Gesellschaft in Dialog und Aktion zu bringen, die nicht von der Destruktion profitieren. Da wäre der Ansatz von “Aufstehen” gar nicht so dumm gewesen, wenn er nicht als Kopfgeburt in Sahra Wagenknechts 60er-Jahre-Hobbykeller entstanden wäre. Oder die Initiative “Deutsche Wohnen & Co enteignen”. Daran sollten wir uns erinnern, wenn sich der Pulverdampf wieder verzieht.

    • Martin Böttger

      Danke fürs konstruktive Mitdenken!

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