Für Glenn Greenwald
Der Brasilianer David Miranda ist tot. Nach 9 Monaten Intensivstation verlor er den Kampf gegen eine äußerst tückische Krankheit. Er starb am 9. Mai 2023, einen Tag vor seinem 38. Geburtstag. Er hinterlässt einen Ehemann, den US-Journalisten Glenn Greenwald, drei Kinder und eine große Lücke in der brasilianischen Gesellschaft. Er hatte das Zeug dazu, zu einer der ganz großen politischen Figuren in Brasilien zu werden, möglicherweise, so der US-Journalist Ryan Grim, starb mit ihm ein künftiger Präsident des Landes.
Denn David Miranda war, darin waren sich Freunde und politische Gegner einig, zu allererst ein gütiger, ungebrochener und starker Mensch, einer, der unbeirrbar, aber mit großer Liebe und Hingabe seinen Weg ging, der in einem Elendsviertel begann. Er verkörperte, wie auch seine Freundin und Stadtratskollegin Marielle Franco eine Hoffnung, dass Menschen über widrigste Lebensumstände herauswachsen und zu Lichtbringern werden können.
David Miranda war bekennender Linker und bekennender Schwuler. 2018 musste er den Tod von Marielle Franco betrauern, mit der ihn die ärmliche Herkunft, eine dunkle Hautfarbe, ein heißes Herz, linke politische Überzeugungen und ausgelebte Homosexualität verbanden. Marielle Franco war ebenfalls äußerst beliebt. Sie wurde Opfer eines heimtückischen Mordes auf offener Straße. Ihr Fahrer wurde auch ermordet. Die Auftraggeber dieser politischen Hinrichtung sind nicht ermittelt.
David Miranda verfehlte bei der letzten Wahl den direkten Einzug in das brasilianische Parlament, wenn auch nur knapp. Er rückte nach, weil ein gewählter Abgeordneter, ebenfalls ein schwuler Sozialist, Brasilien verlassen musste, nachdem er ernstgemeinte Morddrohungen erhalten hatte. David Miranda schreckte das nicht ab, und er zog ins Parlament ein. Furchtlos. Seine schwere Erkrankung machte es ihm unmöglich, sich noch einmal einer Direktwahl zu stellen.
In deutscher Sprache hat queer.de die ausführlichste Berichterstattung zum Tod von David Miranda vorgelegt. Dennoch hat queer.de ihn nicht gewürdigt. Denn queer.de schloss den Artikel mit einer widerlichen Hetze gegen Glenn Greenwald. David Miranda und Glenn Greenwald waren einander die große Liebe ihres Lebens. Einer stützte den anderen, und beide wuchsen aneinander. Jeder folgte seiner Berufung, aber sie einte die gelebte Fürsorge für die Schwächsten in Brasilien, für Arbeitslose, für arme Menschen, selbst für streunende Hunde und vor allem die unerschütterliche Bereitschaft, sich nicht zu verbiegen und die Menschenrechte zu verteidigen.
Es fehlt an menschlichem Erbarmen – stattdessen Niedertracht und Hass
In den vergangenen 9 Monaten erlebte die fünfköpfige Familie eine emotionale Höllenfahrt, ein ewiges Auf und Ab zwischen Hoffnung und Verlustängsten. Nun ist mit David Miranda ein Licht erloschen, das noch lange hätte brennen sollen. Glenn Greenwald hat seinen Liebsten verloren, die drei Söhne einen Vater. Was Miranda für Glenn Greenwald war, hat dieser im November 2022 auf Substack aufgeschrieben. Es ist eine sehr persönliche Aufzeichnung.
Glenn Greenwald
Update on David Miranda’s Health and Reflections About Our Family’s Health Crisis
NOTE FROM GLENN GREENWALD: On Sunday in Brazil, a large news site published a profile in Portuguese about how our family has been navigating the ongoing health crisis of my husband, the Brazilian Congressman David Miranda, who on that date completed three full months of hospitalization in ICU. …
Man kann mit und über Glenn Greenwald politisch streiten. Dagegen ist nichts einzuwenden. Ich hätte queer.de dazu auch so einiges zu sagen. Aber an einem anderen Tag. Was sich queer.de anlässlich des Todes des geliebten Partners von Greenwald leistete, ist nicht tolerabel. Es sollte uns Warnung sein: Wenn nur noch Niedertracht und blinder Hass die Feder führen, fehlt jedes menschliche Erbarmen.
Zum Abschluss der öffentlichen Trauerfeier für David Miranda erklang ein Lied, das er einst Glenn Greenwald geschenkt hatte. „Blessed we are”. So soll er gefühlt und gelebt haben. Es ist hier verlinkt, als Zeichen meines tiefen Mitgefühls mit Glenn Greenwald, den gemeinsamen Kindern, ihren Freunden und Weggefährten und allen, die nun den unwiederbringlichen Verlust tragen müssen.
Tragisch, dass aus solchem Anlass an Edward Snowden erinnert werden muss.
https://extradienst.net/?s=snowden
Einer, der standhaft an ihn erinnert hat, ist leider auch schon tot.
https://extradienst.net/?s=str%C3%B6bele
Das wäre mein Vorschlag für ein Alterswerk von “Freunde-belauschen-das-geht-gar- nicht-“-Angela Merkel (so wie der betagte Heiner Geißler noch Mitglied bei Attac wurde): sich um die Menschenrechte dieses Mannes, der immerhin noch lebt, zu kümmern. Da es sonst niemand aus der Bundesregierung tut, eine scheunentorgrosse “Marktlücke”.