Afrikanische Flüchtlinge aus der Ukraine in Köln

Die im März 2022 gegründete Initiative „Blacks in Cologne“ betreut 2022 eine Gruppe von rund 40 Studierenden aus afrikanischen Herkunftsländern, die zu den ungefähr 77000 internationalen Studierenden gehören, die vor dem russischen Überfall in der Ukraine lebten. Um dort zu studieren, haben sie große finanzielle Hürden überwunden.

Nach dem Beginn des Krieges flohen sie aus der Ukraine. Zu den kriegsbedingten traumatischen Erfahrungen, die sie auf der Flucht gemacht haben, waren sie zusätzlich noch rassistischer Diskriminierung ausgesetzt. Ihnen wurde der Zugang zu Zügen und Bussen in Richtung polnischer Grenze verwehrt. Dort wurde offen nach Nationalität und Hautfarbe getrennt. Afrikanische Studierende mussten zum Teil tagelang in der Kälte warten, bis sie die Grenze passieren durften.

Auch in Deutschland setzt sich diese Diskriminierung fort: Während ukrainischen Staatsbürger*innen meist eine zweijährige Aufenthaltserlaubnis gewährt wird, gilt dies für Menschen aus Drittstaaten nicht, selbst wenn sie in der Ukraine eine mehrjährige Aufenthaltserlaubnis hatten. Sie können sich aktuell nur bis zum 31. August 2022 in Deutschland aufhalten und erhalten keinen Zugang zu Integrations- und Berufssprachkursen, zu Sozialleistungen oder zu BAföG, wie sie Ukrainer*innen ab dem 1. Juni erhalten.

In Deutschland ist dies durch die Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung (UkraineAufenthÜV) im Rahmen der Richtlinie des §24 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) umgesetzt. Eine Chance auf einen Aufenthaltstitel unter §24 des AufenthG haben aus der Ukraine geflüchtete Drittstaatler*innen nur, wenn eine sichere Rückkehr in ihr Heimatland nicht möglich ist. Die unsichere politische und ökonomische Lage in ihren afrikanischen Heimatländern sowie die Unmöglichkeit, dort ihr Studium/ihre Ausbildung abzuschließen, spielen hierbei jedoch keine Rolle.

Im Schreiben des Bundesministeriums des Innern und für Heimat an die Länder vom 14. April 2022 heißt es, dass die Prüfung einer sicheren und dauerhaften Rückkehr in das Herkunftsland zurückgestellt werden kann, wenn die Möglichkeit besteht, dass ein anderer Aufenthaltstitel, z. B. zum Zweck der Arbeit oder des Studiums, erteilt werden kann. Darauf arbeiten die meisten der aus der Ukraine nach Deutschland gekommenen ausländischen Studierenden, auch die, die von „Blacks in Cologne“ betreut werden, hin. Sie besuchen bereits Sprachkurse und haben konkrete Pläne für ihre Zukunft in Deutschland: Sie möchten ihre Ausbildung beenden oder arbeiten. Viele haben auch bereits die nötigen Abschlüsse. Für diese Personen ist der 31. August 2022 jedoch kein realistischer Zeitraum, in dem diese Pläne umgesetzt werden können.

Als Reaktion darauf haben die Stadtstaaten Hamburg und Bremen beschlossen, aus der Ukraine kommenden Drittstaatler*innen eine befristete Aufenthaltserlaubnis für sechs Monate zu erteilen. Dies gibt ihnen Zeit, ihre Zukunftspläne in Deutschland oder im Ausland umzusetzen. Auch Nordrhein-Westfalen und die Stadt Köln könnten diesen Weg gehen und Drittstaatsangehörigen eine solche Erlaubnis erteilen.

Mit einem offenen Brief an die Bundesinnenministerin Nancy Faeser, an die Stadt Köln und die Bürgermeisterin Henriette Reker sowie an das Ausländeramt Köln haben „Blacks in Cologne“ auf diese Situation aufmerksam gemacht und sich den vielen anderen Stimmen angeschlossen, die die Behandlung von aus der Ukraine geflüchteten Drittstaatler*innen in Deutschland kritisieren.

Zur Zeit baut „Blacks in Cologne“ eine Webseite auf, auf der der offene Brief und weitere Informatinen veröffentlicht werden sollen. Kontakt: blacksincologne.openletter@gmail.com

Dieser Beitrag ist eine Übernahme aus ila 457 Juli/Aug. 2022, Rubrik “notizen aus der Bewegung”, hrsg. mit freundlicher Genehmigung der Informationsstelle Lateinamerika in Bonn.

Über ILA:

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