Der leistungsstärkste Mannschaftsteil waren mal wieder die Fans, die des BVB. Ohne die Resonanz des Tribünendachs machten sie in ihrem Block auf der Gegengerade so viel Stimmung, wie es beim BSC für die gesamte Saison reichen würde. 1.400 Zuschauer*innen gegen die Spitzenmannschaft des Westens – das ist die Resonanz für Spitzenfussball ausserhalb der Glotze in unserer Stadt. (Spieldaten hier)
Spitzenfussball? Naja. Michael Kleff und ich kamen einige Minuten zu spät, weil unser Parkplatz zu weit weg war. Zur Pause mussten wir resümieren: wir hätten uns ruhig noch etwas Zeit lassen können. Es war schwülwarm. Die Mannschaften wussten beide nicht wo sie stehen, erstmal bloss keine Fehler machen. Zum Bewegen ohne Ball wäre in der 2. Halbzeit immer noch Zeit.
In der schien sich der BVB das gastgebende Opfer langsam zurechtzulegen. Der BVB hatte die Spielkontrolle, suchte selbstbewusster Einlass in den Bonner Strafraum. Bonner Umschaltspiel wurde wirksam unterbunden, Bonner Balleroberer wurden augenblicklich von 3-4 Dortmundern attackiert. Der Spielverlauf schien absehbar.
Jetzt nahm die Dialektik des Fußballs ihren Lauf. Der Bonner SC schaffte 2-3 gute Spielminuten, in denen ausnahmsweise der BVB mal unter Druck gesetzt wurde. Daraus ergab sich ein formschönes Kopfballtor von Omerbasic, das den Spielverlauf extrem schönfärbte. Eine echte Bonner Torchance hatten wir bis dahin nicht gesehen. Nun konnte der BSC spielen, wie er es in den zwei Vorsaisons unter Trainer Zillken erfolgreich getan hat: aus einer hochkonzentrierten Abwehr (zwei Viererketten, in der 2. Halbzeit eine Vierer und eine Fünfer) heraus das Ergebnis verteidigen, und vorne hilft der liebe Gott, oder ein Fehler des Gegners. Das ist keine Kritik, im Gegenteil: Defensivarbeit verlangt einer Mannschaft alles ab; alle müssen für den Andern mitkämpfen, Konzentrationspausen werden sofort bestraft, die Kondition muss für 95-98 Minuten ausreichen.
Das tat es diesmal nicht. Dortmunds Schwermann gelang ein ungehinderter hübscher Schuss mit schönem Schnitt ins lange Eck aus der zweiten Reihe von der Strafraumkante. 84 gefahrlose Minuten hatten dazu verleitet, mit sowas nicht mehr zu rechnen. Das Spiel war gedreht und der eingewechselte frische Baxmann machte in der 87. quasi mit seiner ersten Balllberührung den Deckel drauf.
Frust für die Bonner, aber leistungsgerecht. Während für den BSC in dieser Liga weiter Bescheidenheit und Realismus angesagt ist, war der BVB spielerisch heute enttäuschend, hat im Spielverlauf viel Glück gehabt, dass es noch gut ging. Eine Spitzenmannschaft in der Regionalliga West wird mehr zeigen müssen, als heute in Bonn zu sehen war. Von allen BSC-Spielen, die ich bisher hier kommentiert habe, war es das Schwächste.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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