Werden FDP und AfD Gewinner der Bundestagswahl? Warum? Und mit welchen Folgen?
Die SPD will so weitermachen. Entsprechend ihre Umfragewerte.
Die CDU will sowieso so weitermachen. Entsprechend schmilzen auch ihre Umfragewerte. Stabilisiert wird sie von den Frauen, die wegen Merkel von SPD und Grünen zu ihr überlaufen.
Die Grünen wollen dabei mitmachen. Das mobilisiert nicht. Von ihren Fukushima-Umfragewerten ist weniger als ein Drittel übriggeblieben. Die Selbstzufriedenheit ihrer Bonner Ratsfraktion ist keine lokale Besonderheit, sondern repräsentativ. Die Ausstrahlung des nichts-mehr-Wollens zieht niemanden an. Das ist nicht nur ein Mentalitätsproblem der Schwarz-Grün-Fans, sondern auch der linken Grünen.
Die Linke will zwar anders sein, und schmilzt darum nicht weg. Sie will aber nichts machen, also nichts ändern, Wagenknecht und Lafontaine zeigen nur mit dem Finger auf die andern: die sind alles schuld. Das mobilisiert nicht.

Die AfD ist anders, nämlich zunehmend rassistisch und faschistisch. Das ist anders und geeignet allen andern einen Schrecken einzujagen. Das macht Spass. Das mobilisiert.
Die FDP scheint anders (Hipster Lindner), nicht so rechts wie die AfD, aber mit einem mit Ehrgeiz an der Spitze, bloss nicht weiter so. Selbst das mobilisiert.

Ergebnis: der abgewirtschaftete Neoliberalismus feiert in der Grossmacht und Führungsmacht der EU Deutschland eine zombiehafte Wiederauferstehung. Die FDP wird die Austeritätspolitik Schäubles zuspitzen, nicht mässigen. Sie wird die Energiewende beenden, die Elektromobilität bremsen, die Klimapolitik trumphaft ruinieren. Das wissen aber nur die Wenigen, die ihr Programm kennen. Im Ergebnis wird sie damit die EU zerstören, und damit die Sicherheit, die sich ihre Wähler*innen eigentlich von ihr wünschen.
Die AfD als Opposition von rechts will das Gleiche, wird also einen Druck ausüben, der FDP und Schäuble stärken und Merkel (und andere Vernünftige in der CDU) schwächen wird.

Schlimmschlimm diese Rechten? Jaja. Aber angerichtet haben das die Demobilisierer der fortschrittlichen Mehrheit in unserer Gesellschaft. Wem Politik, die Definition von Zielen, der Ehrgeiz sie zu erreichen, so egal ist (selbst unsere Frauennationalmannschaft ist von diesem Virus ergriffen), der/die vollstreckt den Neoliberalismus mit, ist mitverantwortlich, wenn unsere Demokratie und unser soziales Zusammenleben zerstört werden.

Nachwort: Zur (akustischen) Ilustration: das Wochenendjournal des DLF berichtete heute über die Wahlkampagnen der Parteien. Akustischer Höhepunkt: Karl Lauterbach (SPD) im Kölner Haustürwahlkampf. Das realistisch aufgenommene Managementsprech, das in dieser Sendung zu hören ist, ist so aseptisch-politikfrei und inhaltslos (ein sozialdemokratisches Liedchen dabei, das sich die böseste Satiresendung nicht wagen würde auszudenken), dass es selbst die Wähler*innen merken. Die Wahlentscheidung wird so zu einer Frage, wie: gehe ich heute lieber zu Edeka oder zu Rewe? So droht sie dann in einer Woche auch auszugehen. Die DLF-Sendung ist in Kürze hier nachzuhören.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net