Dass der Bundestag seinen Aufgaben nicht gewachsen ist, weiß inzwischen jedes Kind. Die Abgeordneten meinen, er sei reformbedürftig. Doch seit vielen Jahren schaffen sie es nicht, das Parlament zu erneuern. Dieses Versagen kostet sie viel Ansehen und die Bürger viel Geld. Auch in der Pandemie haben sie ihre Aufgaben schlecht wahrgenommen. Dieses Versagen kostete viel Geld und viele Menschen das Leben.

Ohne Schutz

Das Elend begann 2013. Damals stellte der Bundestag in einem Bericht Vorkehrungen zusammen, die im Fall einer Pandemie die Bürger schützen sollten. Die Regierung setzte diese Empfehlungen jedoch nicht um. Das Parlament ließ es geschehen.

Als die Pandemie dann ausbrach, standen die Politiker ohne jede Ahnung da und die Bürger ohne jeden Schutz. Sie mussten sich von Abgeordneten sogar das Märchen anhören, Masken böten keinen Schutz.

Den ersten Lockdown unterlief die FDP mit der Forderung, die Freiheit von Ungeimpften, die Krankheit zu verbreiten, sei wichtiger als der Schutz der Gefährdeten. Der Bundestag schaffte es nicht, den zügigen Kauf vom genügend Impfstoff für Deutschland und ganz Europa zu erzwingen.

Deutsche Tugenden

Der gesamte Verlauf der Pandemie besteht aus einer langen Kette von Fehlern und Versäumnissen. Dieses Schmuckstück der politischen Ignoranz wird nun durch eine weitere Perle verlängert: Die Abgeordneten schaffen es nicht, sich auf eine Regelung zur Impfpflicht zu verständigen.

Die Regierungsfraktionen bringen die erforderliche Mehrheit nicht zustande. Die Opposition lässt die Regierung im Regen stehen. Von Scholz (SPD) über Merz (CDU) und Kubicki (FDP) bis Weidel (AfD) feierte der Kleingeist unter den Abgeordneten beim Thema Impfpflicht wieder einmal Triumphe. Wie viel Zeit verschwendeten sie, um die Abstimmung vorzubereiten?

Und was kam am Ende heraus? Nichts. Die Abgeordneten wurden in den Bundestag geschickt, um dort Entscheidungen zu treffen. Stattdessen führen sie sich auf wie Kleinkinder im Sandkasten. Erneut setzte das Parlament mit den deutschen Tugenden Ehrgeiz, Eifer und Fleiß alles daran, den Bürgern vorführen, dass es unfähig ist, mit Krisen angemessen umzugehen.

Über Ulrich Horn (Gastautor):

Begonnen hat Ulrich Horn in den 70er Jahren als freier Mitarbeiter in verschiedenen Lokalredaktionen des Ruhrgebiets. Von 1989 bis 2003 war er als Landeskorrespondent der WAZ in Düsseldorf. Bis 2008 war er dann als politischer Reporter in der Essener WAZ-Zentralredaktion tätig. Dort hat er schon in den 80er Jahren als Redakteur für Innenpolitik gearbeitet. 2009 ist er aus gesundheitlichen Gründen ausgeschieden. Seine Beiträge im Extradienst sind Crossposts aus seinem Blog "Post von Horn". Wir bedanken uns für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe an dieser Stelle.