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Heribert Prantl: Demokratie in Gefahr

Heribert Prantl hat der Berliner Zeitung ein Interview gegeben, das sich wirklich lohnt nachzulesen. Er sieht unsere Demokratie in Gefahr und erklärt auch genau warum. Eine Kostprobe: “Wir haben plötzlich Gremien, die es im Grundgesetz nicht gibt. Diese entscheiden über die Grundrechte. Es gibt in der deutschen Rechtsordnung kein ‘Konzil’ der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin. Es kann nicht sein, dass Merkel, Laschet und Söder hinter verschlossenen Türen entscheiden und dann sagen: Hier geht es jetzt lang. Das ist nicht die Demokratie, wie sie im Grundgesetz vorgesehen ist.”
Ich denke jeder freut sich über Bestätigung der eigenen Position. Mir geht das auch so und ich freue mich jetzt einfach mal öffentlich darüber. Denn an diesem kleinen aber wichtigen Ort politischer Aufklärung war im Oktober 2020 meine Email an die Bundesregierung zu lesen, in der ich meine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beschlüsse dieses “Konzils der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin” (Prantl) äußerte. Zugegeben, eher polemisch:
“Sollten die Kanzlerin und die MPs wider meiner Erwartung nüchtern gewesen sein, dann besteht um so mehr Grund zur Sorge. Denn – Gesetze macht bei uns das Parlament. Dafür wählen wir so was. Der Bundestag hat im November wenn ich das recht sehe, drei Sitzungswochen hintereinander. Gerade jetzt findet ebenfalls eine Sitzungswoche statt. Es herrscht auch kein Krieg – und selbst im Verteidigungsfall gäbe es einen entsprechenden Ausschuß des Bundestages, steht so glaube ich in Art 115 GG. Da der Kanzler auch nicht Adolf heißt, gibt es keinen Grund solch einschneidende Verordnungen nicht in ein Gesetz zu formen oder in einer, der Eilbedürftigkeit entsprechenden Form vom Parlament beschließen zu lassen.Also: wieso macht nicht der Gesetzgeber die Gesetze? Was Sie hier treiben ist ein Verfassungsbruch.”
Und am 9. Januar 2021 war hier zu lesen: “Wo leben wir eigentlich? Das frag ich mich immer wieder, wenn mal wieder diese, an keiner Stelle unseres Grundgesetzes oder sonstiger Gesetze erwähnte oder gar vorgesehene, Konferenz der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin zusammen tritt und uns verkündet, ob und wann wir Opa und Oma besuchen dürfen. Und das Dolle an der Sache ist, niemand in den, für Demokraten wählbaren Parteien und Bürgerrechtsorganisationen regt sich darüber auf.”

Heribert Prantl: “Ich habe nicht Angst um mich. Ich habe Angst um unsere Grundrechte. Ich bin besorgt. Die Grundrechte sind das Schönste und Beste und Wichtigste, was wir in unserem Staat haben.(…) Ich habe die Sorge, dass wir die Grundrechte opfern, um so vermeintlich der Pandemie Herr zu werden. Das Wesen der Grundrechte ist jedoch, dass sie gerade in einer Krise gelten müssen.”

Was folgt daraus? Wird sich etwas ändern, nur weil nicht nur Roland Appel, Martin Böttger… sich darüber aufregen, was passiert, sondern auch Heribert Prantl? Oder sollte man darüber gar nicht mehr öffentlich diskutieren, weil das vielleicht Wasser auf die Mühlen von Corona-Leugnern und und anderen Querköpfen ist? Was muß noch geschehen, bevor Linke und Liberale sich im Massen äußern um die Demokratie zu retten? Prantl erinnert in seinem Text auch daran, dass keines der eigentlich nur für kurze Zeit erlassenen Anti-Terror-Gesetze jemals zurück genommen wurde. Diese Gesetze wurden immerhin noch vom Bundestag beschlossen, jetzt lassen wir es zu, dass das Parlament die Kanzlerin ermächtigt, zu tun und zu lassen, was sie will.
Ich habe mehrfach daran erinnert und wiederhole das gerne – wir haben selbst für den schwersten Katastrophen und auch für den Kriegsfall ein Notparlament vorgesehen, geregelt in Art 115 GG.
Von solchen Zuständen sind wir erfreulicherweise weit entfernt. Es gibt also gar keinen Grund, nicht den Gesetzgeber wieder Gesetze machen zu lassen. Dass sich diese über 700 gut bezahlten Damen und Herrschaften einfach aufs folgenlose Reden reduziert haben, ist ein Armutszeugnis. Eigentlich ist mir danach, die nächsten Wahlen zu boykottieren, aber weil das bestimmt nicht alle tun, wären die Folgen wohl nicht so gut. Also weiter wählen und sich dafür einsetzen, dass die Mitglieder des Bundestages wieder ihrem Auftrag gerecht werden.

Ein Kommentar

  1. Martin Böttger

    Mglw. ist nichts davon “vorübergehend”:
    https://www.sueddeutsche.de/politik/coronavirus-gefahr-bekannte-erreger-1.5188093

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