Beueler-Extradienst

Meldungen & Meinungen aus Beuel und der Welt

Schlagwort: Informationsstelle Lateinamerika (Seite 1 von 9)

Die evangelikale Rechte muss sich neu orientieren

Brasiliens neopentekostale Kirchen nach der Niederlage Bolsonaros

Angesichts der umfassenden Schikanen gegen den Kandidaten der Linken bei den brasilianischen Präsidentschaftswahlen ist es eigentlich ein Wunder, dass Luis Inácio Lula da Silva gewonnen hat. Aus den Daten des Arbeitsministeriums geht hervor, dass die Zahl der politischen Interventionen im Unternehmenssektor zwischen dem ersten und zweiten Wahlgang um rund 2577 Prozent (!) zunahm. Die Aktionen waren offensichtlich koordiniert, denn das Vorgehen wiederholte sich in vielen Unternehmen, von der Veröffentlichung interner Mitteilungen ähnlichen Inhalts bis zur Verpflichtung zur Teilnahme an Wahlkampfveranstaltungen oder zum Tragen von T-Shirts mit politischen Symbolen. Weiterlesen

Mit dem Rücken zum Meer

Argentinien und sein ambivalentes Verhältnis zum Atlantischen Ozean

Die Sicht der Bevölkerungen Lateinamerikas und der Karibikstaaten auf das Meer ist sehr unterschiedlich. In Chile mit seinen 4000 Kilometern Küste spielen der Pazifische Ozean, die Seefahrt und die Fischerei eine zentrale Rolle im nationalen Selbstverständnis. In Peru stehen die Küstenregionen im deutlichen Gegensatz zum andinen Hochland, weshalb manche Leute behaupten, auf seinem Territorium existierten zwei kulturell, politisch und ökonomisch grundverschiedene Nationen. Ähnliches gilt für Ecuador. In allen drei Ländern spielen die Erzeugnisse des Meeres auf dem Speiseplan eine wichtige Rolle. Ganz anders auf der komplett von Wasser umgebenen Insel Cuba. Weiterlesen

Das war knapp!

Lula zum dritten Mal zum Präsidenten Brasiliens gewählt

Erleichterung war wohl das Gefühl, das sehr viele Leute empfanden, als am 30. Oktober gegen 21.30 Uhr brasilianischer Zeit feststand, dass Lula da Silva von der sozialdemokratischen Arbeiterpartei PT die Stichwahl um das Amt des Staatspräsidenten gegen Jair Bolsonaro gewonnen hatte. Außer bei der extremen Rechten in Lateinamerika und weltweit wurde die Nachricht von Lulas Sieg fast überall mit großer Erleichterung zur Kenntnis genommen: von den sozialen Bewegungen in Brasilien über die kritischen Intellektuellen und progressiven Kräfte in ganz Lateinamerika bis zu den Regierungen in Washington, Paris und Berlin. Denn die Sorge, dass die Stichwahl hätte anders ausgehen können, war bis zuallerletzt groß gewesen. Weiterlesen

Ein Paradigmenwechsel

Chile, der verfassunggebende Prozess und die indigenen Völker

Am 4. September dieses Jahres wurde in Chile in einem Plebiszit der Entwurf eines Grundgesetzes, das die Verfassung der Pinochet-Diktatur ablösen sollte, abgelehnt. Die Kampagne der überwiegend konservativen Medien und rechten Parteien gegen soziale Rechte, gesellschaftliche Modernisierungen und die Anerkennung der indigenen Völker war erfolgreich. Dieses Ergebnis eröffnet verschiedene Fronten, die sich erst im Laufe der nächsten Monate herauskristallisieren werden. Trotz der Ablehnung des Verfassungsentwurfes ist der Autor des folgenden Beitrags der Meinung, dass alleine schon der Verfassungsprozess einen Paradigmenwechsel in der schwierigen Beziehung zwischen Staat und indigenen Völkern bedeutet hat. Weiterlesen

Novartis gegen Kolumbien

Wie Big Pharma den Kampf für eine bezahlbare Krebsbehandlung sabotierte

Das verzweifelte Ferngespräch einer Tochter aus Bogotá machte das ganze Elend mit Medikamentenpatenten deutlich. Darin bat sie Freund*innen in Europa, lebensrettende Tabletten für ihren krebskranken Vater zu besorgen. In ihrem Land seien diese Medikamente für Leute wie sie unerschwinglich. Bekannte seien schon gefunden, die bereit seien, die Schachteln in ihrem Gepäck zum Flughafen der kolumbianischen Hauptstadt mitzunehmen. Dort warte dann die jüngere Schwester und nehme sie in Empfang. Das funktionierte fortan alle paar Monate. Der Vater lebte noch mehrere Jahre, immerhin. In Kolumbien hätte ihm die Familie damals keine Arzneien kaufen können. Weiterlesen

Indien repräsentiert die globale Krise

Die bedeutendsten Sauerstoffproduzenten gegen die Klimakrise sind Russland und Brasilien. Der Nachschub ist brennend gefährdet. Das juckt die aktuell amtierenden Staatsfrauen und -Männer kaum. Während Russland das Blickfeld hiesiger Medien nahezu voll ausfüllt, als Quasi-Kriegsgegner, hat mann sich an Brasilien gewöhnt. Die Teilnahmslosigkeit am brasilianischen Wahlkampf – verglichen mit solchen in den USA – kann ich nur als politische Verblendung bewerten. Eine derzeit hier im Extradienst laufende Artikelserie soll als Gegengift dienen. Weiterlesen

Das Radio wird niemals sterben

Radioleidenschaft grenzenlos: Zwei Radioaktivisten und ihre Radiopraxis in Uruguay und Deutschland

Ende der 1990er-Jahre lernte die Schreiberin dieser Zeilen die Radios Comunitarias in Uruguay kennen und durfte sich eine Zeit lang am Sendebetrieb von „La Esquina FM“ in Montevideo beteiligen. Weitere Besuche folgten, ebenso eine kleine Studie und eine Sendung über die uruguayischen Community-Radios im Rahmen eines Austauschprojekts. Es war der Beginn einer großen Liebe zu Uruguay und zu seinen passionierten Radiomacher*innen. Bei diesen Radioerkundungen kreuzten sich die Wege mit denen von Carlos Castor und Andrés Renna. Beide leben mittlerweile in Deutschland, die Liebe lockte sie in die entgegengesetzte Richtung. Weiterlesen

Lateinamerikanische Verfassungsprozesse

Vorgeschichten, Bilanzen und Herausforderungen

In mehreren lateinamerikanischen Ländern setzte sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts der Ruf nach neuen Verfassungen durch. Standen bei den Verfassungsprozessen in Argentinien, Brasilien und Kolumbien in den 90er-Jahren vor allem die Garantie der Grund- und Menschenrechte, institutionelle Reformen und die Anpassungen der Grundgesetze an die multikulturellen und gesellschaftlichen Realitäten der Länder (zum Beispiel Anerkennung der Rechte indigener Gemeinschaften, Aufhebung der Reservierung politischer Ämter ausschließlich für katholische Menschen) im Vordergrund, so wurden die Debatten um die Verfassungen von Bolivien, Ecuador und Venezuela zu den zentralen Orten, an denen neue Themen und antagonistische Vorstellungen von Wirtschaft, Natur, Nation und Staat zum Ausdruck kamen und teilweise auch ausgefochten wurden. Weiterlesen

Schutz statt Verbot

Wie sich die Vereinigung arbeitender Kinder und Jugendlicher Boliviens mit ihren Vorstellungen in der neuen Verfassung durchsetzen konnte

Dass Kinder sich aktiv bei der Erarbeitung einer neuen Verfassung einbringen, ist keine Selbstverständlichkeit. In Bolivien schaffte es die „Union arbeitender Kinder und Jugendlicher“ (UNATSBO) sogar, ihre Vorstellungen zur Kinderarbeit in der neuen Verfassung zu verankern. „Zwangsarbeit und die Ausbeutung von Kindern ist verboten“, heißt es im Artikel 61, Paragraf 2, und: „Aktivitäten, die Kinder und Jugendliche im Rahmen der Familie oder Gemeinschaft ausüben, dienen ihrer ganzheitlichen Entwicklung als Bürger*innen und haben Ausbildungsfunktion“. Weiterlesen

Labore

Stadtgewordener Manchesterkapitalismus – Andreas Kempers erschreckendes Buch über Privatstädte

Dieses Buch ist erschreckend. (Der Link führt zur Homepage des Autors; die Verlagsseite ist z.Z. in Reparatur.) Das Thema wurde in der Öffentlichkeit bisher wenig wahrgenommen. Aber die Idee der Privatstädte sollte bei allen, die die Hoffnung auf eine gerechtere Gesellschaft mit wirklicher Demokratie noch nicht aufgegeben haben, die Alarmglocken schrillen lassen. Mit diesen Projekten wird der Neoliberalismus auf die Spitze getrieben. Es soll in diesen Städten keinerlei öffentliche Kontrolle mehr geben. Sie werden zu Unternehmen, in denen die Eigentümer*innen das Sagen haben – Proprietarismus statt Demokratie und Wohlfahrtsstaat sind das erklärte Ziel. Weiterlesen

Polyphonie statt Hierarchie

Über die Rolle der Frauen in der Philosophiegeschichte Kolumbiens

Die Philosophie muss aus ihrem akademischen Elfenbeinturm herausgeholt werden und neuen Subjekten – insbesondere Frauen – Platz schaffen, die der männlich geprägte westliche Humanismus bisher ausgegrenzt hat. Die bestehende hierarchische Ein- und Zuordnung in der Philosophie muss dafür ausgehebelt und durcheinandergebracht werden. Aus dieser Perspektive wirft die Kolumbianerin Giovana Suárez Ortiz einen Blick auf die Rolle der Frauen in der Philosophiegeschichte ihres Landes. Weiterlesen

Sarg und Schatzkiste

Warum der Populismus immer wieder neue „Momente“ erlebt

In diesem Text geht es um eine Frage, die in Studien über die politische Praxis in Lateinamerika selten gestellt wird: die Frage nach der Endlichkeit des Populismus. Immer wieder wird Populismus als zeitlich begrenztes politisches Phänomen beschrieben. Das führt zu weiteren Überlegungen, zum Beispiel darüber, warum zur Beschreibung dieser zeitlichen Begrenztheit etwas so Flüchtiges wie der Moment gewählt wurde. Das bringt uns unweigerlich zu der alten philosophischen Frage nach der Dauer eines Moments. Weiterlesen

Aus Mein wurde Unser

Corona und Solidarökonomie in einer brasilianischen Favela

In Lateinamerika forderte die Corona-Pandemie nicht nur überdurchschnittlich viele Todesopfer, sondern führte auch zur Verarmung breiter Bevölkerungsgruppen. Zwar gab es mancherorts, vor allem während der ersten Welle, finanzielle Zuwendungen staatlicher Stellen, doch waren diese eher bescheiden und zeitlich begrenzt. Vor allem der großen Masse der im informellen Sektor Tätigen brachen die Einkünfte ganz oder teilweise weg. In den ärmeren Vierteln der Städte waren Hunger und wirtschaftliche Not ebenso lebensbedrohlich wie das Virus selbst. Weiterlesen

Alternativen

In “Weltordnung?” wählte ich öffentliche Äusserungen des französischen Öḱonomen Michel Aglietta und der US-Finanzministerin Janet Yellen als Gerüst. Determinismus, dass immer alles so kommt, wie “die da oben” wollen, lehne ich radikal ab. Das wäre historischer und sozialer (sozialwisssenscftlicher sowieso) Nihilismus. Um kohärent auftreten zu können, müsste sich der freiheitsliebende Westen empathischer um das Schicksal demokratischer Freiheitskämpfer wie Julian Assange und Edward Snowden kümmern. Weiterlesen

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