Die Amazon-Methode und der Inlandsgeheimdienst
Mein alter Freund aus Düsseldorfer Zeit Peter Kapern widmete sich heute mittag im DLF der “Amazon-Methode”. Sehr verdienstvoll, dachte ich. In grünen Regierungszeiten in NRW war er mal gefragt worden, ob er stellv. Regierungssprecher werden wolle. Er wollte nicht. Seine Unabhängigkeit war ihm lieber. Meinen Respekt hat das erhöht. Mit wachsender Verzweiflung suchte ich dann nach einem Link zum Originaltext der Studie, vergeblich. Ich dachte (mal wieder): wie ist das möglich. In welchem Jahrhundert sind wir?
Vielleicht liegt es daran, an einer Kombination von: die Studie wurde von den Linken in Auftrag gegeben und präsentiert; und das Original ist – Überraschung bei der University of London – in Englisch.
Was die Studie zeigt, ist die Gegenwart der Klassengesellschaft. Je fetter der Profit, umso besser klappt die Steuervermeidung und ihre politische Protektion. Was für ein kleiner Pisser war dagegen der langjährige CSU-nahe Präsident des Fussballkonzerns aus dem süddeutschen Raum. Umgekehrt: je kleiner der HartzIV-Satz, umso strenger die Kontrolle.
Hallo Inlandsgeheimdienst: ich auch!
Johannes Schillo/telepolis hat in Parlamentsunterlagen gelesen, womit ich meine knapper werdende Zeit gar nicht verschwenden will. Demzufolge meint der deutsche Inlandsgeheimdienst, Leute, die unsere Gesellschaft für eine Klassengesellschaft halten, beobachten zu müssen. Oder mindestens zu dürfen. Ich kleiner Pisser wäre natürlich eine veritable Steuerverschwendung. Aber bevor die Steuern für Rüstungsprojekte verschwendet werden, möchte ich mich freiwillig melden: ich auch! Verschärfend kommt hinzu, dass ich die Junge Welt gelegentlich in diesem Blog verlinke, wie sich unschwer in der Schlagwortwolke “recherchieren” lässt – dafür machen Sie doch Kurse im Bundesamt, oder? Ein Junge-Welt-Kolumnist, André Dahlmeyer hat sogar – wiederholt! – Texte in diesem Blog veröffentlicht! Das müsste doch genügen.
Falls es zur Begründung beiträgt: ich bin zwar gegen Antisemitismus, und meine, dass sich auch Kritiker*innen israelischer Regierungspolitik von ihm fernhalten müssen (so wie Demonstrant*inn*en von Nazis) – aber ich weiss, das stört Sie nicht wirklich beim Beobachten. Gewiss reicht es Ihnen aus, dass ich grundsätzlich gegen Mord und Militär als letztes Mittel von Realpolitik bin.
Auch nicht schön: wie die Stasi bis heute wirkt
Interessanter Konflikt zwischen zwei Bundesbeauftragten: mit Stasi-Unterlagen missliebige Journalist*inn*en jagen, oder lieber nicht? Manches ändert sich nie, oder? Jedenfalls im schönen Deutschland, der friedlichen Puppenstube der Schreibtischtäter*innen.
Besser: Initiative für Lokaljournalismus
David Schraven ist ein polarisierender Typ. Viele, die ich kenne, misstrauen ihm, haben sich schon von ihm gelinkt gefühlt, oder sehen seine Geldgeber (u.a. Bodo Hombach) als “Beweis”, dass er politisch nicht geschäftsfähig ist. Dann bin ich es auch nicht. Ich habe schon Gehälter bezogen, die vom Inlandsgeheimdienst bezuschusst, oder gar direkt von der DDR finanziert waren. Obwohl: die absolute Mehrheit meines privaten Kapitals stammt aus diversen Staats- und Versicherungskassen der “freiheitlich demokratischen” BRD-Klassengesellschaft.
Dass im Lokaljournalismus dieser freiheitlich-demokratischen Gesellschaft immer grössere Krater entstehen, die mann und frau auch als Marktlücken betrachten kann, das, bin ich sicher, weiss David schon lange, und hat mit seinem Correctiv-Laden eine neue Initiative an den Start gebracht. Ob sie was taugt, muss das wahre Leben zeigen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net