Kollegenschelte

Best of 14. Februar 2023: Recherchefreie Medien, Krieg, Alarm zum 49-€-Ticket

Kürzlich genierte sich Küppi in einem seiner Videos, und versah seine Kollegenschelte mit einem Warnhinweis. Ich dagegen darf das. Ich war nämlich nie hauptberuflich Journalist, und habe als nebenberuflicher mehrere tausend Mark verbrannt, weil ich Honorare gestundet hatte – damals als bedrucktes Papier noch goldenen Boden hatte. Es mehren sich nämlich hochprofessionelle teuer bezahlte Medien, die sich erlauben zu können glauben, ganz auf Recherche zu verzichten. Das bin ich nicht zu tolerieren bereit, so lange mir noch niemand meine Bürgerrechte weggenommen hat.

Die – mittlerweile weitgereiste – Mandy Tröger/Berliner Zeitung bashed nicht, obwohl die Schlagzeile den Anschein erweckt, ein Opfer des DDR-Dopings, sondern deren Verwurstung durch den Medienbetrieb: “Ehemalige DDR-Leichtathletin Ines Geipel: Weder Weltrekord noch Weltklasse – Eine MDR-Doku erhebt schwere Vorwürfe gegen die ehemalige DDR-Sprinterin Ines Geipel. Ihr Fall zeigt das Versagen deutscher Medien, meint unsere Kolumnistin.”

Ein ähnliches Phänomen beklagt Matthias Dell/uebermedien, dessen Text nach einigen Sätzen in der digitalen Mauer endet, aber bei uebermedien in der Regel nach einer Woche auch dem gemeinen Volk freigegeben wird: “AfD-Erklärerin mit AfD-Partner – Die Begeisterung der Medien für Cornelia Koppetsch ist noch peinlicher geworden”. Dell war für kurze Zeit in der Prä-Augstein-Zeit mein betreuender Redakteur beim Freitag. Er ist der beste weil kritischste Tatort-Experte, den ich kenne. Und seine DLF-Kolumnen gehören zu den Besten von dessen Programm. Ob er von irgendwas davon leben kann, weiss ich nicht. Einzeln auf keinen Fall. Die Mehrheit der Journalist*inn*en muss viel arbeiten dafür, dass sie keine*r kennt. Die, die alle kennen, sind dagegen meistens solche, die das (Selber-)Arbeiten weitgehend aufgegeben haben.

Davon müssen Sie leider auch bei den meisten ausgehen, die über Rentenpolitik schreiben. Nicht hier im Extradienst: hier schreibt mit Matthias W. Birkwald der beste politische Rentenexperte, den ich vorteilhafterweise auch noch persönlich gut kenne, weil wir schon sehr viel allerbesten Wein zusammen getrunken haben. Er hat zum Glück keine Probleme, sich in Medien verständlich zu machen, weil er bspw. das Sprechen professionell gelernt hat (das kann mann! Und frau auch! – aber sagen Sie das mal Ihrem Radiosender.) Wie kommichdrauf? Bei telepolis beklagt sich Reiner Heyse zurecht über recherchefreien Rentenjournalismus: “Blackout bei der Aktienrente – Hallo Journalisten, lebt ihr noch? Kommentar mit Hintergrund”..

Zum Krieg

Jörg Kronauer/Junge Welt würdigt die “Siko” genannte Münchener Unsicherheitskonferenz: “Siko – Hardliner sammelt Truppen – »Zivilisationsbruch« und »autoritärer Revisionismus«: Neuer Chef der Münchner »Sicherheitskonferenz« gibt Vorgeschmack auf NATO-Tagung”. Was politisch bei einem solchen Kurs herauskommt, steht bei Doug Bandow/Responsible Statecraft/telepolis: “Warum Südafrika Militärübungen mit Russland und China durchführt – Südafrika verhält sich neutral gegenüber der Ukraine und kooperiert militärisch mit ‘Freunden’. Auch andere Staaten wie Indien, Brasilien, Indonesien oder Mexiko weigern sich, an der Verbündeten-Parade teilzunehmen. Was passiert da?”

Wie im Ukrainekrieg die Privatisierung des Massenmord-Handwerks vorangetrieben wird, berichtet Florian Rötzer/overton: “Ukraine baut ‘Offensivgarde’ mit Freiwilligenverbänden zum Angriff auf – Acht dem Innen-, nicht dem Verteidigungsministerium und der regulären Armee unterstehende Brigaden bei Asow und Co. sollen die Krim und den Donbass zurückerobern.” Das erfreut gewiss Miliz-Oligarchen wie Nato-Hintersassen. Thomas Pany/telepolis: “Nato-Generalsekretär Stoltenberg: Mehr Munition für den Zermürbungskrieg – Auftakt des Treffens der Ukraine-Kontaktgruppe in Brüssel: “Verteidigungsindustrie unter Druck.” Dringender Bedarf an verstärkter Unterstützung, Munitions-Produktion hochfahren, Logistik verbessern. Ischinger moniert Uneinigkeit über Krim.”

Nicht weit entfernt von unseren Extradienst-Autoren Roland Appel und Dieter Hummel kommentiert Ex-Grünen-MdB Hendrik Auhagen/bruchstuecke die aktuelle Debattenlage: “Falsche Forderung aus richtigen Motiven”. Sein Beitrag bekräftigt, wie wenig es derzeit auf Rechthaberei ankommt, wie kurzfristig dringend eine Korrektur der deutschen Politik und wie schwierig das Auffinden geeigneter Akteur*inn*e*n dafür ist.

Und noch ein Nachklapp zur KI/AI. demnächst kann die auch bombardieren. Ist das nicht …

Neuer Alarm zum 49-€-Ticket

Das Ding gibt es noch gar nicht. Bevor es überhaupt existiert, sollen wir schon darauf vorbereitet werden, dass es teurer wird. Und nur digital. Das meldet Wolfgang Pomrehn/telepolis: “49-Euro-Ticket: Halbherzig und zu teuer – Energie und Klima – kompakt: Im Bundestag wird über die ÖPNV-Flatrate debattiert. Meist wird dabei unterstellt, dass es sich um eine Wende handelt. Warum das nicht der Fall ist.” Die schaffen es noch, das Ding zu einem Reinfall zu machen. Danke FDP! Für irgendwas muss die ja da sein. Die eigentlichen Dünnbrettbohrer*innen sind für mich allerdings die, die sich von diesen Nichtsnutzen durch die Arena ziehen lassen.