Hinter der FAZ-Bezahlmauer

Die FAZ ist nach ihrem Selbstverständnis ein Medium für die, die im real existierenden deutschen Kapitalismus das Sagen haben. Erst recht gilt das für alles hinter ihrer Bezahlmauer. Denn seien wir ehrlich: wer sonst ist bereit, der FAZ-Verlagsgesellschaft Geld zu geben, wenn nicht “das Kapital”. Die meisten Menschen, also auch Sie, wissen also wenig über die Denkwelt und das Weltbild der herrschenden Klassen. Die sind auf Diskretion bedacht, tragen nicht alles zu Markte, was sie im Kopf haben. Denn Wissenvorsprung ist ein wichtiger Kapitalwert.

Die Frage bleibt nur, ob das Wissen ist, was die im Kopf haben. Oder ob die nicht eher professionelle Hilfe brauchen. In der Bezahlwand des einzig relevanten FAZ-Wirtschaftsteil wird ernsthaft die Debatte geführt, ob “es sich doch lohnt, fürs Bürgergeld zu kündigen”.

Die Visage von Carsten Linnemann hat sich bei mir für immer eingeprägt, weil er beim triumphalen Einmarsch des Clemens Tönnies vor dessen Rassismus-Rede beim Tag des Handwerks in Paderborn im Fan-Schweif des Oligarchen mitlief, um unbedingt mit im Bild zu erscheinen. Dieser Carstenwurst – Tönnies ist Massen-Metzger! – lässt sich nun in der FAZ-Paywall zitieren mit „Wir wollen nicht, dass der, der arbeitet, der Dumme ist“. Logisch ergäbe sich daraus: Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer – und davon viel. Das kennen die aber gar nicht. Denken hat für die nichts mit Logik zu tun.

Demokratie zum Metzger?

Ein Springermedium macht sich einen Spass daraus, die Rechnungssummen jedes einzelnen Produktionsvertrages zu veröffentlichen, den die ARD mit TV-Firmen abschliesst. Immer irgendwas mit soundsovielen Millionen. Für die*den Normala*o viel Geld. Für Springer oder FAZ-Kapitalgeber Erdnüsse. Die FAZ übernimmt das Agendasettiing von Springer mit ähnlicher Begeisterung wie dpa oder der DLF.

Wie kommt es zu diesem wiederkehrenden Ritual? In der unübersichtlichen ARD-Architektur gibt es CDU- oder AfD-Leute, die einen funktionierenden Kanal zu Springer haben. Die stechen diese sog. “Geschäftsgeheimnisse” einfach durch. Bis der morsche Laden endlich so einstürzt, wie es der RBB schon getan hat.

Es gäbe ein Mittel dagegen: Transparenz statt “Geschäftsgeheimnisse”. Für öffentliche Anstalten sollte das Gesetz sein. Aber auf mich hören die Herrschenden nicht.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net