Ich musste erst über 60 werden, um Laubbläsern was Positives abzugewinnen. Heute morgen war es so weit. Bei Bürgerbeteiligungsprojekten der Stadt Bonn eroberte die Forderung nach dem Verbot dieser Höllengeräte immer wieder Spitzenplätze in den Onlineabstimmungen. Heute mal eine Wohltat: der infernalische Lärm begann in dem Moment, in dem mich der DLF mit seiner “Presseschau” beschallte, mit Zitaten aus dem Zeitungskommentaren zum gestrigen Berliner-Mietendeckel-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. In Berlin mussten Zehntausende Mieter*innen auf die Strasse gehen, weil sie sich in diesen sterbenden Medien nicht vertreten sehen.
Es muss sich wohl um einen Grundwiderspruch handeln. Auf der einen Seite Hunderttausende, die eine bezahlbare Wohnung suchen, und Millionen Mieter*innen, die zugunsten von Aktionär*inn*en und Investmentfonds in Steueroasen generalstabsmässig ausgenommen und ihres spärlichen Einkommens enteignet werden.
Warum sind deutsche Zeitungen und ihre Verlage ausserstande, deren Interessen zu artikulieren? Weil sie im Besitz weniger Milliardärsfamilien sind. Diese armen Leute erzielen mit der Herstellung und dem Vertrieb von Zeitungen immer weniger Profit. Die in der Vergangenheit eingenommenen Milliarden investieren sie darum nicht in Publizistik – die wird immer weiter zurückgeschraubt – sondern: in Immobilien! Hier sind Extraprofite garantiert.
Nun wird das Eigentum von Grund und Boden sowie der darauf errichteten oder nicht errichteten Wohnungen zum Thema im Bundestagswahlkampf. Wenn es das ist, was das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil erreichen wollte, ist es ausdrücklich zu loben. Das wird noch deutlicher – und schamloser – offenlegen, dass die in Deutschland produzierten Zeitungen für Millionen Mieter*innen kein geeignetes Informationsmedium sind.
Wenn der DLF deutschen Zeitungsverlagen gutes tun will, lässt er ihre Einheitsmeinung besser nicht mehr minutenlang vorlesen. Dann lieber Laubbläser …
Warum im Frühjahr? Gute Frage. Rasen wurde gemäht. Wir hatten früher einen Rechen, um das zusammenzukehren.
Dank Küppersbusch-TV fand ich mein emotionales Gleichgewicht wieder. Versuchen Sies auch mal.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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