Die grüne Alexandra Geese MdEP lobt die neue EU-Gesetzgebung, die “die Allmacht der Tech-Konzerne beenden” soll. Die Meinungen darüber gehen auseinander. Aber es ist ja schon ein Fortschritt, wenn das EU-Parlament mal mit der Arbeit anfängt, für die es eigentlich gewählt ist. Das meiste ist noch zu tun. Und bei den folgenden Beispielen bin ich sicher, dass Alexandra das ganz ähnlich sieht.

Es gibt vielleicht eine geopolitische Überlagerung und Instrumentalisierung, wenn sich europäische Medien und Politiker*innen in TikTok festbeissen, einer Plattform in chinesischem Kapitalbesitz. Vom Extradienst sind Sie die Haltung gewohnt: was auf Facebook oder Instagram ein Verbrechen ist, wird nicht dadurch besser, dass es auf TikTok läuft. Misshandlung und Ausbeutung von Kindern ist ein systemübergreifender Skandal, wie es Femizide sind. Wenn junge Mädchen zum fahrlässigen oder absichtlichen Selbstmord getrieben werden, gibt es nie nur eine einzige Ursache. Schon gar nicht kann Technik an etwas schuld sein. Am Ende ist alles menschengemacht – und Eltern, Schule sowie weitere Institutionen, die mit der Erziehung und Bildung von Kindern betraut sind, können sich nicht billig freisprechen. Aber wer sich mit solchen Phänomenen die Milliardärskonten füllt, ist ebenfalls nicht unschuldig, sondern weit mehr als andere für sein Tun verantwortlich. Und es ist gut, wenn das – endlich – Gegenstand öffentlicher Debatten wird.

Das “soziale Selbstbild” von Mädchen ist ein fettes Problem. Auch das ist menschengemacht, und am wenigsten von den Mädchen selbst, sondern von der sozialen Umwelt und den Peergroups, in denen sie sich alltäglich bewegen. Und selbstverständlich gehören die asozialen Netzwerke dazu. Die Systemkatze beisst sich in den Schwanz. Die Konzernnetzwerke sind von Männern programmiert und konfiguriert. Die Älteren erinnern sich vielleicht noch, dass die erste Idee des Mr. Zuckerberg war, ein praktisches Netzwerk zum Aufreissen der attraktivsten Studentinnen aufzusetzen. Diese “Philosophie” trägt bis heute die grosse Bereicherungsmaschine. Die Mädchen und Frauen werden dagegen revoltieren müssen. Freiwillig geben die Männer ihre Macht nicht ab. Und faire Verlierer werden sie auch nicht werden. Nie.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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