Kevin Kühnert, der kein ganz Dummer ist, hat ein Wort geprägt, das ihn auf seinem Karriereweg nun lange begleiten wird: „Kontaktschande“ – was für eine Semantik!?

Gemäß Kevin sei die SPD bei der Europawahl abgestraft worden, weil der in einer Regierung unvermeidliche Kontakt zu den Koalitionspartnern, im vorliegenden Fall FDP und Grüne, von der eigenen Wählerschaft als „Schande“ empfunden worden sei. Weia, das ist schon heftige Juso-Dialektik. Ich erinnere mich dunkel an Debatten auf südhessischen Schulhöfen in den 1970er Jahren! Externalisierung – das nach-außen-Befördern von Problemen – seltener wurde es plumper praktiziert.

Was die Kontakt-Kalamitäten der SPD angeht wäre wohl eher ein Blick in Kühnerts Heimatparteiverband angezeigt, wo die Giffey-SPD nun im engsten Kontakt mit der Berlin-CDU bei 13,9 Prozent gelandet ist, hinter Berlin-Grün und Berlin-Union. Offenkundig verliert Kühnert als der für den vergurkten SPD-Europa-Wahlkampf verantwortliche Manager die Nerven. Schade. Er ist eigentlich ein echtes Sozen-Talent.

Über Reinhard Olschanski / Gastautor:

Geboren 1960, Studium der Philosophie, Musik, Politik und Germanistik in Berlin, Frankfurt und Urbino (Italien). Promotion zum Dr. phil. bei Axel Honneth. Diverse Lehrtätigkeiten. Langjährige Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Referent im Bundestag, im Landtag NRW und im Staatsministerium Baden-Württemberg. Zahlreiche Veröffentlichungen zu Politik, Philosophie, Musik und Kultur. Mehr über und von Reinhard Olschanski finden sie auf seiner Homepage.