Beueler-Extradienst

Meldungen und Meinungen aus Beuel und der Welt

Autor: Detlef zum Winkel / Gastautor

Irrer Überbietungswettbewerb

Im Südwesten Englands errichtet das französische Energieunternehmen EdF das Atomkraftwerk Hinkley Point C mit zwei EPR-Reaktoren (Europäischer Druckwasserreaktor) zu je 1600 Megawatt. Die wechselvolle Geschichte dieses Projekts wird aktuell von neuen Kostenschätzungen gekrönt. Zuerst die BBC und dann auch FAZ und Spiegel (Paywal) nannten schwindelerregende Zahlen. Demnach kalkuliert EdF zur Zeit mit über 40 Mrd Pfund, wobei den Angaben von BBC – 46 Mrd GBP – am ehesten zu trauen ist, da die Leithammel der deutschen Medienlandschaft den Atomausstieg immer noch nicht verwunden haben. Umgerechnet sind das 54 Mrd Euro. Gemessen daran, was ein EPR ursprünglich hätte kosten sollte, ist diese Nachricht ein Volltreffer gegen die ewige Kampagne der Lobby, wonach Atomstrom sicher, sauber und billig sei. Weiterlesen

Nationale Befreiung, Dekolonisierung, Marxismus

Vortrag auf einer Frankfurter Veranstaltung, 30.11.2023

Ich werde versuchen, das Thema der Veranstaltung anhand des Krieges zwischen Israel und der Hamas zu behandeln, der uns in diesen Tagen am meisten bewegt.

Hier stellen sich zwei fundamentale Fragen, denen man nicht ausweichen kann:

Ist das Vorgehen der Hamas Terrorismus und somit die Hamas eine terroristische Organisation oder ist sie Teil eines Befreiungskampfes des unterdrückten palästinensischen Volkes?

Ist das Vorgehen des israelischen Militärs im Gaza-Streifen Mittel und Ausdruck einer kolonialistischen Eroberung oder einer Verteidigung des eigenen Staats und der eigenen Bevölkerung gegen die Bedrohung seiner Existenz? Weiterlesen

Iran frohlockt

Europäische Sanktionen gegen die nukleare Aufrüstung Irans werden verlängert – Das iranische Regime frohlockt über die Massaker der Hamas, doch die Sanktionen wegen seiner Atompolitik werden zunächst nicht wie vorgesehen aufgehoben.

Unmittelbar nach dem Massaker der Hamas in israelischen Ortschaften am Gaza-Streifen drängte es die iranische Staatsführung, das Geschehen zu kommentieren. Der Oberste Führer Ali Khamenei dementierte eine direkte iranische Beteiligung, aber er küsse »die Hände dieser klugen Kämpfer, dieser fähigen Helden«. Sein Staatspräsident Ebrahim Raisi wollte gleich für die islamische Weltgemeinschaft sprechen: »Sie haben die islamische Ummah mit dieser innovativen und siegreichen Operation wirklich glücklich gemacht.« Die Repräsentanten der vorigen, vermeintlich gemäßigten Regierung beeilten sich, Übereinstimmung zu bekunden. Der ehemalige Außenminister Javad Zarif lobte Khamenei für seinen Auftritt, der ehemalige Präsident Hassan Rohani fand viele Worte zur israelischen Blockade gegen Gaza, aber keine zu Morden, Vergewaltigungen oder Entführungen durch die Hamas. Weiterlesen

Französisch-chinesische Atomgeschäfte

Der Technologietransfer und das Ende von Areva

Kürzlich ist der Film “Die Gewerkschafterin” mit Isabelle Huppert in den Kinos angelaufen. Da die meisten Rezensionen den politischen und wirtschaftlichen Hintergrund nicht verstanden haben, wird er im Folgenden ausführlich dargestellt.

Als Nicolas Sarkozy 2007 zum Präsidenten Frankreichs gewählt wurde, reiste er noch im gleichen Jahr mit einer großen Wirtschaftsdelegation nach China. Es gelang ihm, zahlreiche Verträge oder Vorverträge mit einem Gesamtvolumen von 30 Mrd US Dollar abzuschliessen. Darunter war ein Auftrag an Areva, für 8 Mrd Euro zwei Atomreaktoren für Taishan in der südchinesischen Provinz Guangdong zu liefern. Weiterlesen

ITER, der steinige Weg

Der Internationale Thermonukleare Experimentierreaktor ITER, der im südfranzösischen Cadarache errichtet wird, belegt ein ziemlich großes Gelände. So scheint es jedenfalls von außen, wenn man mit dem Bus minutenlang an stacheldraht-bewehrten Zäunen entlangfährt. Dann stellt sich heraus, dass es sich um zwei Einrichtungen der Atomenergie handelt, deren Areale aneinander anschließen. Vor dem ITER erreicht man, von Aix-en-Provence kommend, zunächst eine Basis der französischen Kommission für Atomenergie CEA. Sie beherbergt Bürogebäude, Institute, Labors, technische Anlagen, Schuppen, teils neu, teils schon etwas heruntergekommen. Weiterlesen

Kernfusion

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Nachdem die Bundesrepublik das Kapitel Stromerzeugung durch Kernspaltung weitgehend abgeschlossen hat, steht die Kernfusion als mögliche andere Atomenergie bereits vor der Tür. Die Frage liegt auf der Hand, wie sich dabei die Fehler vermeiden liessen, die bei der Kernspaltung gemacht wurden. Diese Reflexion müsste selbstverständlich sein, sie findet aber nicht statt, weil schon die Feststellung von Fehlern als grüne Ideologie gilt. Maßgebliche Teile von Wirtschaft und Politik können das nächste nukleare Abenteuer kaum erwarten, ohne das vorige verstanden zu haben. Weiterlesen

Die Unverbesserlichen

Zwischen Wut und Trotz bewegen sich die Reaktionen der Nuklearlobby angesichts der Abschaltung der letzten deutschen Atomkraftwerke. Sie verstehen die Welt nicht mehr, weil sie es gewohnt waren, als Besserwisser und Alleskönner aufzutreten, denen eine ängstliche, weil unwissende Gesellschaft Folge zu leisten hätte. Lange Zeit hat ihnen die Politik jeden Wunsch erfüllt, während der mediale Mainstream die vermeintlichen Wunderwerke der Technik pries. Als eine rot-grüne Bundesregierung vor zwei Jahrzehnten den ersten Ausstiegsbeschluss fasste, waren die Nuklearisten zuversichtlich, dass sich in einem so langen Zeitraum Einiges ändern würde. Sie sollten recht behalten, Weiterlesen

Jahrelang vertuscht

US Atomkraftwerk: Leck im Kühlsystem

Zwei Wochen vor dem Abschalten der letzten drei deutschen Atomkraftwerke sei ein typisches Beispiel für die nukleare Stromerzeugung beschrieben, das noch einmal wachruft, was auch in Deutschland jahrzehntelang Praxis war. Es handelt sich um einen mehr oder weniger gewöhnlichen Störfall, wie zu hören ist, aber bei einer Hochrisikotechnologie ist nichts harmlos. Weiterlesen

Das letzte Aufbäumen der Nuklearisten

Bis zum letzten Tag der Nutzung von Atomenergie in Deutschland versucht eine einflussreiche Lobby, den schlussendlichen Vollzug des Atomausstiegs zu verhindern. Nachdem sie schon im Februar einen entsprechenden Antrag eingereicht hatte, legte die Bundestagsfraktion der CDU/CSU am 14. März einen eigenen Gesetzentwurf “zur Sicherung bezahlbarer Stromversorgung” vor, den das Parlament kurz darauf in erster Lesung behandelte. Darin wird “das bisherige Enddatum für den Leistungsbetrieb von Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland auf den 31. Dezember 2024 verschoben”. Weiterlesen

Atomaufsicht besucht Atomkraftwerk

Frankreich: was so alles passieren kann

30 Tage vor der planmäßigen Abschaltung der letzten deutschen Atommeiler ist es aufschlussreich, an einem französischen Beispiel zu erleben, was so alles passieren kann, wenn ein 1300 Megawatt Reaktor an systemkritischen Stellen repariert werden muss. Ein Protokoll der Geschäftsstelle Caen der französischen Atomaufsicht (ASN) beschreibt die am 30.5.2022 vorgefundene Situation im Block 1 des AKW Penly, südliche Normandie. Die darin berichteten Beobachtungen kamen aktuell in einem Parlamentsauschuss in Paris zur Sprache. Eine Kenntnisnahme dieses Berichts sei auch der FDP-Fraktion im Bundestag empfohlen, zur Vorbereitung des Tagesordnungspunkts “Technologieoffenheit”. Weiterlesen

“Operationelle Zeitlichkeit”

Dies ist die Geschichte eines Nuklearunfalls im US-Bundesstaat New Mexico.

Obwohl es der erste schwere Unfall in einem unterirdischen Endlager für Atommüll war, fand das Ereignis weltweit und speziell in Deutschland kaum Beachtung. Dabei ist es eine aufschlussreiche Geschichte, wenn man verstehen will, wie sich Atomkatastrophen ankündigen und schließlich tatsächlich passieren. In der geheimnisvollen Welt des Nuklearen geht es nämlich genauso zu wie überall anders auch. Das heißt, dass immer irgendwo irgendetwas schiefgeht. Weiterlesen

Vero und die Atombombe

Der Hessische Rundfunk hat einen Kanal für Podcasts unter dem Titel STUDIO KOMPLEX eingerichtet. Hier werde “Show gewordener Journalismus” dargeboten, heißt es in der Selbstdarstellung. Auch wolle man “die schmerzhaften Graubereiche des Lebens” ergründen. Von dieser Programmankündigung, die in der Tat schon Pein bereitet, weil sie wie Durchschnittsware von Werbeagenturen verfasst ist, haben sich Hörer:innen des hr nicht abhalten lassen. So mussten sie eine unheimliche Entdeckung machen. Weiterlesen

Iran – was wird aus dem Atomabkommen?

Vortrag bei der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Frankfurt, 1.12.22

Guten Abend alle zusammen,

ich bedanke mich für die Einladung und für Euer Interesse an diesem Thema. Denn unser Hauptaugenmerk gilt derzeit natürlich der neuen Widerstandsbewegung im Iran, die sich die sensationelle Parole “Frau, Leben, Freiheit” gegeben hat. Alles Andere tritt hinter diesen bewegenden Ereignissen und der schockierenden Brutalität, mit der das Regime die Revoltierenden bestraft, zurück. Und doch gibt es eine Art Elefanten im Raum – das ist das Atomabkommen, das die USA, Frankreich, Russland, China, Großbritannien, Deutschland und die EU 2015 mit dem Iran vereinbart haben. Weiterlesen

Muss man Simon Lissner erschießen?

Der Zwischenfall, über den im Folgenden zu berichten ist, ereignete sich auf dem Parteitag der Grünen vom 14. – 16. Oktober in Bonn. Während die Delegierten im Saal des World Conference Center am Freitagabend in den gewohnten Marathon von Reden und Beschlussfassungen einstiegen, gönnte sich Simon Lissner, Mitglied im hessischen Kreisverband Limburg-Weilburg, eine kleine Pause im Servicebereich der Halle. Als der Abgeordnete Anton Hofreiter, früherer Co-Vorsitzender der grünen Bundestagsfraktion und seit Ende 2021 Vorsitzender des parlamentarischen Europaausschusses, vorbeilief, machte Lissner spontan einen unbotmäßigen Spruch: “Moin Toni, was ist denn mit dir los? Ich dachte, du läufts hier im Tarnanzug auf.” Weiterlesen

“So erkennt man Psychopathen”

Als die FAZ vor einer Woche einen Artikel “Persönlichkeitsstörungen: So erkennt man Psychopathen” (Paywall) veröffentlichte, dachte sie bestimmt nicht an ihren sehr bedeutenden (Mit-)Herausgeber Berthold Kohler. Der räumt in einem Leitartikel vom 29.10. (Paywall) immerhin ein, dass man leicht für verrückt erklärt werden könne, wenn man Vorschläge wie die seinigen unterbreite. Er macht es trotzdem: Kohler hat erneut – und in bisher ungekannter Deutlichkeit – eine deutsche Atombombe gefordert. Weiterlesen

Ukraine im Relotius-Stil

In der taz vom 23.7. berichtete Kriegsreporter Philip Malzahn von seinen Eindrücken an der ukrainischen Ostfront. Er hat einige Asow-Kämpfer, die sogenannte “Kraken”-Miliz, eine Zeitlang östlich von Charkiw begleitet, angeblich nur 800 Meter von der feindlichen, also russischen Linie entfernt. Scheinbar aus nächster Nähe stellt uns Malzahn die Milizionäre vor, die sich Sledak, Rijs, Punf, Konstantin, Kuzya, Antoni, Oleksandr usw. nennen. Sie kennen keine Gnade, während sie selber dem Tod ins Auge sehen. Weiterlesen

Eine Dystopie

Atomare Propaganda 2022

Das Militärische und das Nukleare liegen näher beieinander, als man während eines halben Jahrhunderts ziviler Nutzung von Atomkraft in Deutschland geglaubt hat. Jetzt dient Putins Krieg gegen die Ukraine als Argument für ein Comeback der Atomenergie – und als Alibi, „das Undenkbare“ ins Gespräch zu bringen. Weiterlesen

Suche nach dem verlorenen Verstand

Der Krieg lenkt alle Anstrengungen auf die Bekämpfung des Feindes und duldet keine moralischen Skrupel. Wenig deutet auf einen Waffenstillstand in der Ukraine hin. Die Gefahr einer direkten Konfrontation zwischen Russland und Nato-Staaten wächst.

Im Ukraine-Krieg rückt die Möglichkeit eines Waffenstillstands in immer weitere Ferne. Nachdem sich die russischen Truppen aus den Gebieten nördlich von Kiew hatten zurückziehen müssen, wird nun im Ostteil der Ukraine heftig gekämpft. Russland will dort den gesamten Donbass und möglicherweise auch die gesamte Schwarzmeerküste erobern. Mit jedem weiteren Tag wächst das Ausmaß der humanitären Katastrophe, die der Krieg anrichtet. Weiterlesen

Ein Beitrag aus Japan

von Detlef zum Winkel
Und ein klassischer Fall von Zensur

Ein sehr beachtlicher Vorgang ist zu beobachten: fünf ehemalige Premierminister Japans – Junichiro Koizumi, Morihiro Hosokawa, Naoto Kan, Yukio Hatoyama und Tomiichi Murayama – wandten sich am 27. Januar mit einem offenen Brief an die EU-Kommission und teilten mit, sie seien schockiert zu erfahren, dass Atomenergie in die Nachhaltigkeitskriterien der EU (Taxonomie) aufgenommen werden soll. Hier eine Übersetzung des Briefs. Weiterlesen

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