Beueler-Extradienst

Meldungen und Meinungen aus Beuel und der Welt

Schlagwort: Türkei (Seite 1 von 18)

Ein Fall fürs Lieferkettengesetz

Schikaniert, bedroht und zum Gewerkschaftsaustritt gezwungen – das haben Beschäftigte der türkischen Textilfabrik Özak Tekstil erlebt. Es verstößt gegen die Richtlinien des deutschen Lieferkettengesetzes

Seit Wochen brodelt es in den Hallen der Özak Tekstil Fabrik in Urfa im Südosten der Türkei nahe der syrischen Grenze. Was zunächst als interner Konflikt zwischen Geschäftsführung und Beschäftigten begann, hat sich zu einem landesweiten Kampf um Gewerkschaftsfreiheit ent­wickelt. Özak Tekstil wird nun möglicherweise zur Bewährungsprobe für das deutsche Lieferkettengesetz im Textilhandel. Weiterlesen

Europas letzter Sieg

“It’s The Economy, Stupid!” in der Türkei

Deutsche Medien haben schon traditionell mentale Probleme mit faktenbasierter Wahlberichterstattung aus fremden Ländern. Grundsätzlich wird die politische Deutung, der “Spin”, den Daten vorausgeschickt. Im Radio wird geframed und gelabert, was das Zeug hält, ohne präzise Zahlenangaben über Ergebnisse, Gewinne und Verluste. Und wenn doch, dann nur dualistisch auf Personen bezogen, oder die zwei grössten Parteien. Was sich unterhalb dieser an gesellschaftlichen Tiefenströmungen abbildet, wird von deutschen Korrespondent*inn*en geflissentlich ignoriert – weil es die Heimatredaktion sowieso nicht interessiert. Ein langer Vorspruch, ich weiss. Aber der Ärger muss raus. Weiterlesen

Die Frau ergreift das Wort

In Istanbul wird die Künstlerin Melek Celâl in einer Schau wiederentdeckt. Ein Werk im Zeichen der Emanzipation, wie sie die türkische Republik versprach.

Eine sanft blickende Frau in weißer Bluse, den Kopf leicht zur Seite geneigt, auf dem Kopf ein kokettes Hütchen in Schwarz. Auf den ersten Blick wirken weder die Person des kleinen Selbstporträts, auf das die Be­su­che­r:in­nen im Istanbuler Sabancı-Museum zulaufen, besonders revolutionär, noch seine Malweise. Weiterlesen

Die Stirn bieten

Durch Zufall geriet ich dieser Tage an mein Schlusswort des Vorjahres. Ich erschrak, weil ich es fast umstandslos wiederholen könnte. In meinem Freund*inn*enkreis hat es sich eingebürgert, sich ein “besseres” neues Jahr zu wünschen. Das ist wohl schon seit dem ersten Coronajahr 2020 so. Dann las ich heute morgen das im Kicker: “Über ihre Gegenwart und Zukunft, die DFB-Elf und das gesellschaftliche Klima – Schmidt und Streich im Interview: ‘Wir müssen den Hetzern rigoros die Stirn bieten’ – Außergewöhnlich sind nicht nur die langen Amtszeiten von Frank Schmidt (49) und Christian Streich (58). Ein Gespräch, weit über das Trainerdasein hinaus.” Weiterlesen

CDU/CSU spielen weiter die AfD-Karte

Die gestern beschlossenen Maßnahmen gegen Asylbewerber und Flüchtlinge sind nicht menschenwürdig, rechtstaatlich mehr als zweifelhaft und altbekannte, längst gescheiterte Schikanen und für Integration völlig ungeeignete Maßnahmen. Der Versuch des Bundeskanzlers, daraus einen “historischen Kompromiss” zu machen, wurde sogleich von der Union konterkariert, der es jenseits der sachlichen Bewertung der Vorschläge offensichtlich ausschließlich um die Fortsetzung der Strategie geht, die Bundesregierung mit Forderungen der AfD unter Druck zu setzen. Weiterlesen

Stimme der Vernunft

UN-Generalsekretär Antonio Guterres: Die Stimme der Vernunft – Wie der neue Krieg die Welt noch gefährlicher macht: Israel, Palästina, der Nahe und Mittlere Osten und der falsche Glaube, militärisch alles lösen zu können

Vor wenigen Tagen fand auf Initiative Ägyptens ein Friedens-Gipfel statt. Israel war nicht eingeladen und wäre auch nicht gekommen, war zu lesen. Auf der Konferenz wurden viele Reden gehalten, aber sie endete ohne gemeinsame Erklärung. Das, was Ägypten vorgeschlagen hatte (ein Waffenstillstand), war nicht konsensfähig. Schließlich gab Ägypten nur eine Presseerklärung heraus. Weiterlesen

Der Platz im Alltäglichen

Das Kölner Museum Ludwig richtet der 85-jährigen Füsun Onur eine Retrospektive aus. Sie ist eine ganz Große für die zeitgenössischen Kunst der Türkei

Abgesessene Möbel, Blechdosen auf Regalen, vergilbte Familienfotos an der Wand. In der altertümlichen Istanbuler Wohnung scheint die Zeit stillzustehen. Lautlos schreitet eine Katze durch ein leeres Wohnzimmer, vor dem Fenster glitzert die ewig bewegte Oberfläche des Bosporus. Der Eindruck von Nostalgie, den der türkische Videokünstler Ali Kazma in seinem Film „Home“ von 2014 eingefangen hat, täuscht. Denn das scheinbar verstaubte Kuriositäten-Kabinett im Stadtteil Kuzguncuk auf der asiatischen Seite der 15-Millionen-Metropole ist seit über 57 Jahren das Zuhause einer der großen Avantgarde-Künstlerinnen der Türkei. Weiterlesen

Die Asyl-Lüge

Der Rechtsextremismus der Mitte (8.) – Migrationspolitik als Vehikel des bürgerlichen Rassismus

Das Spiel geht nun schon seit der praktischen Abschaffung des Asylrechts 1993 in Deutschland und der Weigerung der rechtsextremistischen Regierungen in Polen, Ungarn und neuerdings auch in Italien, sich gleichbereichtigt an einem gerechten Verteilschlüssel für Geflüchtete zu beteiligen. Tausende verzweifelter Flüchtlinge versuchen immer wieder, in lebensgefährlichen Booten übers Mittelmeer Kreta, Lesbos, Lampedusa, Malta oder Spanien zu erreichen oder versuchen es über die Balkanroute. Weiterlesen

Gaulands Triumph

Anmerkungen zum Versagen der politischen Mitte

Der unsägliche Hubert Aiwanger, der auch der nächsten bayerischen Staatsregierung als stellvertretender Ministerpräsident angehören wird, verstieg sich am Wahlabend in einem Interview zu der Behauptung, den Freien Wählern sei es zu verdanken, dass die AfD in Bayern nicht noch stärker geworden sei. Dahinter steckt die Logik, dass man Rechtsextreme und Verfassungsfeinde am besten bekämpft, indem man ihr Programm übernimmt. Während Aiwanger dies inhaltlich nicht besonders schwer zu fallen scheint, müssten die demokratischen Parteien erhebliche Verrenkungen vornehmen, folgten sie der Logik Aiwangers. Sie haben aber schon vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen ohne sichtbare Anzeichen von Rückenschmerzen damit begonnen. Weiterlesen

Utopie und Realität

Wie sieht es in Rojava im zehnten Revolutionjahr aus? Christopher Wimmer ist für sein Buch hingereist

“New World Summit – Rojava“. Der Name, den der niederländische Künstler Jonas Staal 2015 einem Kunstprojekt gab, demonstriert, wie die umkämpfte Region in Nordsyrien als Modell herhalten muss. Denn Staals flaggengeschmücktes Rundgebäude für ein Parlament von Rojava beherbergte im selben Jahr eine Konferenz von Delegierten aus aller Welt, die das Modell einer staatenlosen Demokratie proklamierten. Weiterlesen

Fragwürdige Ernennung

Streit um Kuratorin der Istanbul-Biennale: Die britische Kuratorin Iwona Blazwick soll 2024 die Kunstbiennale in Istanbul leiten. Doch die Personalie und die Vergabekriterien erregen Protest.

„Wir freuen uns, dass Iwona Blazwick unserer Einladung gefolgt ist, die 18. Istanbul-Biennale zu kuratieren.“ Als die Istanbuler Stiftung für Kunst und Kultur (IKSV) in der vergangenen Woche diese Pressemitteilung verschickte, klang das nach den rituellen Formeln des Kunstbetriebs. Weiterlesen

Transparente Fischschuppen

Das Museum Istanbul Modern feiert seine Wiedereröffnung. Der neue Renzo-Piano-Bau ist erdbebensicher und soll auch politisch ein Zeichen setzen

“Road to Tate Modern“. So heißt ein Video der kurdischen Künstler Şener Özmen und Erkan Özgen aus dem Jahr 1971. In dem Streifen sieht man die beiden in der Manier von Cervantes’ Klassiker „Don Quijote“ auf Eseln durch den steinigen Südosten der Türkei reisen – auf der nie endenden Suche nach dem Heiligen Gral der Kunstwelt. Eine großartige Metapher auf die Kunstwelt, aber auch auf die Perspektive der Peripherie auf das ästhetische Versprechen des Westens. Weiterlesen

Doppelte Wahl

Das türkische Wahlergebnis ist in Deutschland negativ aufgenommen worden. Für die weitaus meisten ist es unfassbar, dass zwei Drittel der hier lebenden Türk/innen für Erdogan votiert haben. Sie leben bei uns in einem Land, wo Demokratie, Menschenrechte, unabhängige Justiz und Pressefreiheit hohe Werte darstellen. Nun unterstützen sie einen Despoten und die Repression in der Türkei. Und sie bejubeln die Wahl „ihres“ Präsidenten. Weiterlesen

Nachwirken des Genozids

Roman über Nachwirken des Genozids: Bleibende Erinnerungen – Die Großmutter eine Überlebende, der Großvater ein Profiteur des Genozids an den Armeniern. Marc Sinans Debütroman „Gleißendes Licht“.

Aghet – die große Katastrophe. So nennen die Armenier das Trauma, welches ihr historisches Selbstverständnis bis heute prägt. Am 24. April 1915 begann mit der Deportation der armenischen Elite aus Konstantinopel deren Genozid im Osmanischen Reich. Rund 1,5 Millionen Menschen fielen ihm zum Opfer. International aufgearbeitet, bleiben die barbarischen Geschehnisse von 1915 im Lande selbst tabuisiert. Jeder Versuch, sie zur Sprache zu bringen, trifft auf den erbitterten Widerstand des türkischen Staates. Weiterlesen

Gute Miene zum autoritären Spiel

Erdoğan und die säkulare Kultur – Recep Tayyip Erdoğan eröffnet den Neubau des Kunstmuseums Istanbul Modern. Kurz vor der Stichwahl ist der Noch-Präsident auf Stimmenfang.

Bleibt Türkiye, so heißt die Türkei seit Neuem auf Geheiß ihres Dauerpotentaten, doch modern? Schwer zu sagen, ob Recep Tayyip Erdoğan diese Message senden wollte, als er kürzlich im Kunstmuseum Istanbul Modern aus den Händen von Oya Eczacıbaşı ein Bild des Hauses entgegennahm. Seit Monaten hatte die türkische Kunstszene gerätselt, wann der Neubau des 2004 in einer Lagerhalle an der Uferpromenade des Stadtteils Karaköy eröffneten Kunstmuseums endlich öffnen würde. Weiterlesen

Antwort auf Rassismus

Die Deutsch-Türken wählen Erdogan als Antwort auf den anti-muslimischen Rassismus in Deutschland – In Deutschland mögen sich Intellektuelle wundern über den Erfolg von Erdogan unter Deutsch-Türken. Doch die Gründe liegen auf der Hand.

Wir sind als Gesellschaft nahezu obsessiv mit der Frage befasst, Erdogan-Wählerinnen und -Wähler in Deutschland verstehen zu wollen. Besessen von der Idee, eine vermeintliche Paradoxie aufzudecken, das Leben in einer liberalen Demokratie auf der einen Seite und die leidenschaftliche Unterstützung für eine rechtsradikale Illiberalisierung der Demokratie in der Türkei auf der anderen. Sie zu verstehen und oft genug auch zu verurteilen. Weiterlesen

Unfreie Wahlen

Die deutsche Geschichte sollte es gelehrt haben. Aber nur wenige wollen sich erinnern. “Die letzte freie Wahl” der Weimarer Republik 1933 war nicht frei. Kommunist*inn*en sassen im Knast. Andere Demokrat*inn*en wurden dauerhaft bedroht. Die Medien beherrschte Pressezar Hugenberg. Dessen Partei DNVP war dann auch parlamentarische Steigbügelhalterin der Nazis, die selbst unter diesen Bedingungen keine Wähler*innen-Mehrheit erreichten (44 %). Die letzte freie Parlamentswahl der Weimarer Republik war in Wahrheit am 6. November 1932: die Nazis hatten erstmals Stimmen verloren, die Kommunisten gewannen kontinuierlich dazu. Weiterlesen

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