Franz von Papen war ehemaliger Politiker des “Zentrums” in der Weimarer Republik, der 1932 noch Reichskanzler, seine Mehrheit verlor und eine Koalition von nationaler DNVP und NSDAP zusammenintrigierte, indem er dem greisen Reispräsidenten v. Hindenburg vorspiegelte, dass er Hitler bändigen könne.  Ab 30.1.1933 wurde von Papen Vizekanzler in Hitlers Kabinett. Von Papen unterlag dem fatalen Irrtum, Hitler politisch zähmen und “einmauern” zu können. Stattdessen wurde er zügig entmachtet und im Rahmen des sogenannten “Röhm-Putsches” im Sommer 1934 von den Nazis zum Rücktritt aus der Regierung gezwungen. Einem ähnlich fatalem Irrtum scheint derzeit Frau Von der Leyen zu unterliegen.

Sie führt politische Gespräche mit der Faschistin Meloni aus Italien, die gerade im Begriff ist, nach außen die EU-kompatible Ministerpräsidentin zu mimen, indem sie die Ukraine-Politik der EU unterstützt. Gleichzeitig tut sie in Italien alles, um die Verfassung auszuhöhlen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu zerschlagen und damit die demokratische Öffentlichkeit zu manipulieren. Meloni schleift den Sozialstaat, will Flüchtlinge in Lager in Albanien internieren, und hat in spektakulärer Weise den Papst beim Gipfeltreffen der G 7- Staaten für ihre Zwecke instrumentalisiert. Mit dem reaktionären Vatikan teilt sie die Leidenschaft zur Vertuschung von Skandalen, fordert ein Verbot der Abtreibung und teilt die möglicherweise vernüftige kritische Haltung zur künstlichen Intelligenz. Eine “Brandmauer” v. d. Leyens gegenüber Meloni gibt es offensichtlich nicht. Dasselbe galt schon bei der letzten Wahl zur EU-Kommissionspräsidentin, als polnische PIS und Viktor Orban, die v.d. Leyen unterstützten. von FPÖ, Geert Wilders’ Rechtsregierung der Niederlande und Marine Le Pen ganz zu schweigen.

Von der Leyen ist eigentlich gar nicht an der Reihe

Während die ehemalige Verteidigungsministerin im Kabinett Merkel mit den Rechtsextremisten im Europaparlament flirtet, fordert ihr Parteivorsitzender Merz, dreist wie er ist, von der Bundesregierung die bedingungslose Benennung v.d. Leyens als deutsche EU-Kommissarin. Die Ampel hat es in Wirklichkeit jedoch allein in der Hand, wen sie als deutschen EU-Kommissar*in nach Brüssel schickt. Unter Rot-Grün war dies der SPD-Mann Günter Verheugen.  Ob sie die Freundin der rechten Regierungen in der EU duldet und hierfür entsprechende politische Zugeständnisse der CDU/CSU fordert, oder einen eigenen Kandidaten aufstellt, ist allein Regierungssache. Nach der Koalitionsvereinbarung haben die Grünen den Zugriff auf das Amt des/r deutschen EU-Kommissar*in. Anton Hofreiter, selbst beim Agrarministerium nicht zum Zug gekommen, sieht sich als der geborene Kandidat für dieses Amt, verhält sich aber derzeit auffallend still. Nun ist gerade Hofreiter nicht für sein diplomatisches Geschick und seine Loyalität zur Ampelregierung bekannt. Erst vor drei Wochen hat er wieder gemeinsam mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann öffentlich an der angeblich fehlenden Bereitschaft des Bundeskanzlers herumgemäkelt, und damit erneut seine Illoyalität und Kooperationsunfähigkeit unter Beweis gestellt. Scholz und die SPD werden so etwas nicht vergessen. Andere vorzeigbare Kandidat*innen sind bei den Grünen nicht in Sicht, es sei denn, Vorstand und Vizekanzler wollten auf diesem Weg die zunehmend glücklose und mit ihrer feministischen Außenpolitik gescheiterte Annalena Baerbock entsorgen. Indem sie sie mit einer ehrenvollen neuen Aufgabe betrauen und damit die Frage der Spitzenkandidatur für die Grünen für 2025 vorab klären. Charmant wäre diese Lösung schon, auch wenn damit die Frage einer deutschen Kommissionspräsidentin vermutlich erledigt wäre.

Ist v.d. Leyen der Bruch der CDU mit der “Brandmauer” nach rechts?

Von der Leyen hat in den vergangenen Wochen vor allem sich selbst präsentiert und mit den Konservativen und rechten Kräften im EU-Parlament zusammengearbeitet. Der Kurs der EVP, der Fraktion der CDU-Familie im EP, ist völlig unklar. Mit oder ohne Orban, mit oder ohne PIS, und wie steht es mit dem Kurs gegenüber den Grünen? Werden sie nach der Wahl ebenso wie in Deutschland für Merz “der größte Gegner” sein, den man mit rückwärtsgewandten Atomenergie-Albträumen und ewiggestrigen Diskussionen um das Verbrenner-Aus weiter verleumden und damit Hand in Hand mit der AfD und den Rechten an der Mißachtung oder gar Leugnung des Klimawandels arbeiten möchte?  Wird mit rechter Hilfe die ohnehin absurde und zum Scheitern verurteilte Asyl-Abschottungspolitik der EU noch weiter getrieben, bis sie Gerichte als Verstoß gegen die Menschenwürde stoppen? Was bitteschön sollte nach dieser Wahlkampagne der CDU/CSU des permanenten Grünen-Bashing  die Grünen  auch nur im Traum daran denken lassen, nun eine CDU/CSU-Kommissarin Deutschlands in Brüssel zu unterstützen? Allerdings ist manchen Schwarz-Grün-Anhängern auch dies zuzutrauen, so wie sie sich in Hessen haben eiskalt ausbooten lassen. Aber die Chance, dass Deutschland in Europa besser repräsentiert würde, als mit Flinten-Uschi und ihren voreiligen Versprechungen der EU-Mitgliedschaft der Ukraine, sollte gründlich überlegt werden. Allerdings scheinen die Grünen mit Terry Reintke eine der unbedarften, machtpolitisch naiven Amateur*innen nach Europa geschickt zu haben, denn diese hat bereits ohne Not und ohne Verhandlungen öffentlich erklärt, Flinten-Uschi unterstützen zu wollen.

Der politisch intransparenten Mauschelei zugänglich

Das Gipfeltreffen der EU-Regierungschefs am Montag Abend erweckte den Eindruck, dass u.a. für Frau v.d. Leyen der halbe Weg zur Wiederwahl bereits frei wäre. Präsident Macron blieb sogar beim Gipfel, obwohl Frankreich bei der Fußball-EM gegen Österreich einen unverdient glücklichen Sieg einfuhr. Und Frau Meloni spielte eine höchst undurchsichtige Rolle. Ihre Nähe zu v.d. Leyen ist offensichtlich, ihre Rolle im Spiel der Christdemokraten, Konservativen und Rechtsaußen von Italo-Faschisten bis AfD völlig undurchsichtig. Die mit breiter Brust auftretenden Vertreter der EU-Volkspartei (CDU-Bündnis) markierten die dicken Maxe aufgrund ihres guten Wahlergebnisses und verlangten die Unterwerfung der EU unter ihre Kanditatin von der Leyen. Dabei ist deren Abgrenzung gegenüber Ultrarechts völlig vage und offen. Europa, da sind sich alle demokratischen Kräfte einig, muss solidarisch handeln und zusammen halten. Aber den Konservativen, so bleibt ein fader Beigeschmack, geht es um die Macht um jeden Preis – auch unter Paktieren mit ganz Rechtsaußen. Brandmauer: Fehlanzeige! Und der in Reintkes Verhalten deutlich werdende grüne Taumel der Besoffenheit von der eigenen Wichtigkeit trotz verheerender Wahlniederlage erfordert eigentlich Drogen, um ertragen zu werden. Gut, dass Cannabis entkriminalisiert wurde auch wenn das keine Lösung ist. Aber manche stehen drauf.

 

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net