Für wie doof lässt sich die Öffentlichkeit verkaufen? Inlandsgeheimdienst und Tagesschau probieren es aus

Alle Jahre wieder ist beim Inlandsgeheimdienst Feiertag: wenn er seinen Jahresbericht – in nachrichtenarmer oder von Fussball überdeckter Zeit – propagiert. Niedergesparte Medien haben sowieso immer weniger Zeit und Kraft, Sachverhalten hinterherzurecherchieren oder sie gar kritisch zu hinterfragen. Wenn es das mal gab, ist es lange her. Wenn sie etwas wissen beim Inlandsgeheimdienst, dann das.

Gestern war es wieder so weit. Die zentrale Meldung – ein Bild sagt mehr als tausend Worte – ist das hier von der Tagesschau verbreitete Schaubild. Soso, vier Gefahren, auf dem ersten Platz “Rechtsextremismus”, dicht gefolgt vom Vizemeister “Linksextremismus”. Beides nimmt selbstverständlich zu, weswegen ebenso selbstverständlich die Ressourcen des Inlandsgeheimdienstes dringend zunehmen müssen.

Der schmutzige Trick: “Islamismus” und “Reichsbürger” werden bei dem Schaubild einfach aus dem “Rechtsextremismus” rausgerechnet. Wie langweilig sähe es sonst auch aus? Nur zwei Säulen, und eine dreimal grösser als die Andere – wer will sowas sehen?

Sollten Sie so ungläubig sein wie ich, interessiert es Sie vielleicht nicht. Aber wissen sollten Sie schon, dass islamistische Kopfabschneider, Frauenhasser und Messerstecher im Kern die Geschwister im Geiste deutscher Faschisten und Reaktionäre sind, nur eben mit einer anderen (pseudo-)religiösen Verkleidung. Die Mehrheit der Muslime in Deutschland und irgendwo sonst auf der Welt ist so harmlos wie Du und ich.

Auch unsere Bundesregierung – egal wann und welche und in welcher Koalition – findet Islamismus in Wirklichkeit gar nicht schlimm. Im Gegenteil. In Saudi-Arabien, von einem superreichen Feudalclan regiert, wird ge- und verkauft, als gäbe es kein Morgen und keinen Putin mehr – gerne auch deutsche Kriegstüchtigkeit. Dieses Regime ist mit weitem Abstand der grösste Finanzier von Islamismus weltweit und führt im Jemen einen Krieg, von dem sich Wladimir Putin noch eine Menge abgucken kann.. Das interessiert aber hierzulande weder unsere Regierung noch unseren grössten Verband DFB.

Noch platter, die “Reichsbürger” aus dem “Rechtsextremismus” rauszurechnen. Dass das kein Medium bemerkt, muss den meisten Sorgen machen. Eine Minderheit hats vielleicht schon vorher gewusst, dass von dort nichts Kritisches mehr zu erwarten ist …

Herrschaft gibt es auch in Demokratien. Im Idealfall ist sie auswechselbar und durchschaubar (“transparent”). Ein Geheimdienst ist, wie sein Name schon sagt, das nicht – also systemwidrig. Darum hat er in Deutschland einen Namen, der so freihändig erfunden ist, wie heutzutage die meisten schlechten Gesetze. Der reale Verfassungsschutz sind Sie und ich und unsere Mitbürger*innen – und das Bundesverfassungsgericht.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net