EM: Abmeldung von unabhängigem Journalismus und Rechtsstaat

“Der DFB möchte eine dönerbudenbasierte Massenbegeisterung, und wie stets, wenn man am Gras zieht, wächst es nicht schneller – sondern: Man reißt es aus.” kommentiert Friedrich Küppersbusch/taz die Bemühungen der Fussballlobby mit ihren eingebetteten Medien, in diesem Land der vergessenen Coronapandemie – mittlerweile sehr, sehr verzweifelt – Fieber zu erzeugen. Dafür meldet sich die ARD sogar – oder sind Sie das schon gewöhnt? – von kritischem Journalismus ab und verbreitet Fakenews: “Wir sind die EM”. Ein zarter Hinweis, dass Sie und ich damit gar nicht gemeint sind, ist die verlinkte Quelle.

Es sind wohl die Leute mit Kapital gemeint, die ein wenig davon in die nervenzerfetzenden Werbespots investieren sollen. Denn Tatsache trotz all dieser Fakenews ist: die EM ist die Uefa. Niemand geringeres als das ZDF (zusammen mit dem grundsätzlich unrevolutionären Spiegel) hat das kürzlich – ein weiteres Mal – nachgewiesen. Mit richtigem Journalismus. Geht doch.

Das Geschäftsmodell der Uefa (wie der Fifa und des IOC) ist, öffentliche Haushalte auszuwringen, und das Ausgewrungene steuerfrei in die eigenen vorgeblich “gemeinnützigen” Konten fliessen zu lassen, aus denen anschliessend grosszügig Fördergelder und Aufwandsentschädigungen an die ausgeschüttet werden, die sich unter “Sport” ungefähr das gleiche Geschäft wie die Uefa vorstellen. Und das Schöne für die Nutzniessenden ist: selbst demokratisch gewählte Politiker*innen in Veranstaltungsländern sind dafür zu allem bereit. Vor allem dem Ausserkraftsetzen des Rechtsstaates mittels Aufhebung aller Antikorruptions-, Steuer- und Verfassungegesetze.

Wenn Sie mir eine*n gewählte*n Parlamentarier*in zeigen, die*der diese rechtstaatswidrigen Geheimverträge mit der Uefa vor dem Abnicken von vorne bis hinten studiert hat, gebe ich Ihnen beim EM-Gucken ein Freigetränk aus (allerdings ohne Reisekostenerstattung – ich bin Rentner). Das gilt übrigens auch für öffentlich-rechtliche Rundfunkräte und die von ihnen abgenickten TV-Sendeverträge.

Staaten, die dazu nicht bereit sind – die meisten bewerben sich darum gar nicht mehr – bekommen weder WMs, EMs, noch Olympische Spiele. Korrupte Despot*inn*en gibt es immer genug. Nur die Willfährigkeit und Einbettungsbereitschaft unabhängiger öffentlicher Medien – die ist dann doch sehr deutsch.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net