Beueler-Extradienst

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Schlagwort: Dieter Roth

Fressen und Moral – glücklich in eins

von Ingo Arend
Internationale Grüne Woche – Hüftgoldschnitte und Insekten-Burger: Ein kultureller Blick auf ein Event, das sich das Ende des Hungers auf die Fahnen geschrieben hat.

Erst kommt das Fressen, dann die Moral. So lautet der Leitsatz, der den Vorrang des Bauchs vor der Metaphysik behauptet. Daran denkt unwillkürlich, wer dieser Tage kurz vor zehn Uhr die Berliner Messehallen von der Ostseite her betritt. Eine kritische Masse älterer Herrschaften, in der Hand eine grüne Tragetasche mit Ährensymbol, leckt erwartungsvoll die Lippen und wartet darauf, dass sich die Stahltüren nach oben rollen. Der Run auf die Fleischtöpfe kann beginnen.

Die Grüne Woche, dem ökofloralen Subtext im Titel zum Trotz, ist noch immer der Karneval der Karnivoren. Rotes Fleisch, wohin das Auge reicht auf den 116.000 Quadratmetern der größten Ernährungsmesse der Welt. Besonders in Österreich wachsen die Wurstträume noch in den Himmel. Wie ein Symbol der allgemeinen kulinarischen Horizontverengung hängen bei einem brandenburgischen Anbieter geringelte „Sauschwänzchen“ wie Gardinen am Stand.

Vor der Weihnachtsbauminstallation einer belgischen Schinkenräucherei schwinden manchem Kostgänger die Sinne. Und vor den Ständen Schwedens stauen sich die Schlangen für Elchburger. Man sollte meinen, die Zeiten der Grünen Woche als Fett- und Kraftreserve des Nachkriegs seien vorbei. Es mögen Kaffeekirschen und Gemüsechips ja inzwischen auf dem Vormarsch sein – doch noch regiert Fleisch die Welt und den Geschmack. Weiterlesen

Kunstmuseen – Dynamik des Verbergens

von Wolfgang Hippe

Buchrezension: Walter Grasskamp „Das Kunstmuseum. Eine erfolgreiche Fehlkonstruktion“ 185 S., München 2016, Beck Verlag

Die Kulturpolitik hierzulande ist wesentlich auf Institutionen fixiert – den Rahmen der Debatten setzen in aller Regel die stets hervorgehobenen angeblich „weltweit einzigartigen“ Kulturlandschaften etwa des Stadttheaters oder der Museen. Folgerichtig ist der Diskurs wesentlich von den entsprechenden Lobbys geprägt und kreist regelmäßig um die „Abhängigkeit von der öffentlichen Hand“. Schon deshalb verdient ein Buch Aufmerksamkeit, das für sich beansprucht, „eine lobbyfreie Theorie des Kunstmuseums zu erproben“. Zu beachten ist dabei die Formulierung „erproben“. Weiterlesen

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