Die schwarze Frau zeigt dem derangierten Land ihre Weltklasse: Malaika Mihambo

Sie hat es schon wieder gemacht. Die Funke-Mediengruppe behauptet und schlagzeilt, sie “erlöst Deutschland”. Das ist definitiv Fake-News, aber aussagestark über den Zustand des Landes und seiner Medien. Dass das diese Frau in den Momenten, in denen sie die maximale Leistungskraft ihres Körpers abrufen muss, nicht juckt, ist das eigentliche Wunder. Wobei sie längst demonstriert hat, dass sie zu komplexem gesellschaftlichem Denken und Handeln in der Lage ist.

Wie macht sie das nur? Auf der Suche nach der Antwort fand ich meinen drei Jahre alten Text über ihren Goldmedaillengewinn bei den coronabeeinträchtigten Olympischen Spielen in Tokio. Das Trainieren auf solche Leistungshöhepunkte erfordert eine umfangreiche und teure Infrastruktur. Auch und gerade, wenn die Frau jetzt immerhin schon 30 ist. Nicht wenige werden unter diesem Stress durch Verletzungen aus der Bahn geworfen.

Hat Mihambo also einfach Glück? Einerseits: Ja. Andererseits: nicht nur das. Weltklasseprofisport gleicht in seinem materiellen Hintergrund einem mittelständisch geführten Unternehmen. Die Frau an der Spitze muss über diese Führungsfähigkeit erstmal verfügen, und über die Menschenkenntnis, sich mit den richtigen Unterstützer*inne*n zu umgeben. Sie muss die innere Stärke haben, sich auch führen zu lassen, wenn es fachlich angebracht ist. Nicht zuletzt ist ein Minimum an Harmonie plus exakt passender Reizpunkte erforderlich, um auf den Punkt – oftmals bei Mihambo im letzten Versuch, gestern war es schon der Zweite – die Spitzenleistung zu bringen, die die Konkurrenz und die Beobachter*innen (im ZDF schauten gestern 5,8 Mio. zu, für die Leichtathletik eine sensationelle Quote) immer wieder verblüfft.

Vorbild? Das will ich nicht überhöhen. Es genügt – und das funktioniert bei ihr zweifel- und tadellos – dass sie eine grundsympathische Indentifikationsfigur für Schwarze Deutsche (Frauen, besonders natürlich die) ist, und damit ein Beitrag zu gesellschaftlicher Emanzipation. Das ist schon ganz schön viel.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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