Das werden wir wohl in nächster Zeit von den “Qualitätsmedien” öfter bekommen: recherchearme Berichte wie diesen des Handelsblatts, in wie schrecklichen Zusammenhängen die WM 2018 in Russland stehen wird. Die, die hier im Handelsblatt beschrieben sind, sind exakt identisch mit denen “unseres Sommermärchens” 2006, politisch damals abgedeckt von ganz oben, was bei uns Bundeskanzler Gerhard Schröder war. Jetzt denken Sie: Schröder, Putin, na klar. Das ist zu kurz gedacht.
Was Putin hier angeblich alles beschlossen hat, ist Bestandteil der Ausschreibungen für WMs durch die Fifa, und übrigens auch von Olympischen Spielen durch das IOC. Beide Organisationen haben ihren “Vereins”sitz in der Schweiz, wo sie derzeit auf US-amerikanischen Druck staatsanwaltlich untersucht werden. Gelegentlich hört man hierzulande immer noch von Oberbürgermeistern oder ausgewachsenen Ministerpräsidentinnen, die sich um solche Veranstaltungen bei solchen Veranstaltern bewerben wollen: da kann man nur “viel Vergnügen!” wünschen.
Wenn Sie über russische Politikstrategien seriös und – was in diesem Blatt leider nicht die Regel ist – kritisch informiert werden wollen, schauen sie nach Reinhard Lauterbach in der Jungen Welt.

Vergnügen macht immer noch der deutsche Frauenfußball. 4:2 wurde soeben Österreich besiegt, zur Halbzeit stand es bereits 4:1. Von großer “Spielfreude” wird berichtet, ein Begriff der zum Paradigma der Bundestrainerinnenschaft der schwarzen Deutschen Steffi Jones zu werden scheint. Wenn solche Berichte zwischen den Zeilen transportieren, dass das Ende der Herrschaft der blonden Vorgängerin Sylvia Neid mit spielfreudiger Erleichterung wahrgenommen wird, ist das natürlich ungerecht. Neid hat die Mannschaft unter erschwerten Bedingungen, nämlich hochgradig neidischen männlichen Konkurrenten in Trainergilde und Management der Bundesliga, in die absolute Weltspitze des Frauenfußballs geführt.
Jones scheint nun, hier durchaus mit ihrem männlichen Kollegen Löw vergleichbar, einen nächsten Schritt gehen zu wollen, so weit das für Weltmeister bzw. Olympiasiegerinnen überhaupt vorstellbar ist. Den Erfolg nicht mit Grasfressen, Blut und Tränen zu sichern, sondern mit Schönheit und guter Laune. Das wäre übrigens auch der Vermarktbarkeit nicht abträglich.
Schon als Spielerin wurde Jones als “weiblicher Beckenbauer” bezeichnet, weil sich ihre souveräne technisch anspruchsvolle Spielweise so stark ähnelte. Nun weist auch ihr Karriereweg Ähnlichkeiten auf. Da kann man Frau Jones nur raten, später die sog. “Ehrenamtlichkeit” im höheren Alter am besten einfach wegzulassen 😉

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net