In Forschungseinrichtungen, Pharmakonzernen, Regierungsbürokratien, Nachrichtenagenturen und Medienhäusern der christlich dominierten, reichen kapitalistischen Ländern weicht in dieser Woche der Arbeitsstress dem Feiertagsstress. Es werden keine neuen Erkenntnisse produziert, weder von der Forschung noch von Politik und Medien. Sondern die alten wiedergekäut, wahrscheinlich bis Neujahr. Omikron dient als Projektionsfläche. Niemand weiss irgendwas Verbindliches. Darum lässt sich alles vermuten. Dabei werden offensichtliche Unstimmigkeiten produziert. Egal. Erstmal Weihnachten.
Omikron ist einerseits ganz, ganz schlimm und noch viel gefährlicher. Andererseits: keine Ahnung. In Deutschland sinken die Infektionszahlen (langsam), während sie in westlichen und nördlichen Nachbarländern explodieren. Warum ist das so? Kann derzeit niemand rausfinden (s. o.). Weil Omikron so schlimm und gefährlich ist, auch wenn niemand irgendwas weiss, müssen ganz, ganz schlimme Lockdown-Massnahmen folgen. Seit drei Tagen wird die Öffentlichkeit damit berieselt. Aber nur die Ruhe: erst in einer Woche. Erst sollen alle noch schön Weihnachten feiern, was in seinen Superspread-Dimensionen Ähnlichkeiten mit dem chinesischen Neujahrsfest hat: Auto- und Eisenbahnen sind voll mit Menschen, die ihre in der Welt verstreuten Verwandten aufsuchen (in meiner Familie verlässt zumindest niemand NRW). Danach hat sich Omikron überall, wo es noch nicht gefunden und ertestet wurde, gleichmässiger in der Republik verteilt. Und dann kann alles, was Spass macht, wieder verboten werden. Same procedure as every year.
Und wem haben “wir” Omikron zu verdanken? Wie die nächsten 5-10 Mutationen und Varianten: der Impfapartheid der reichen Pharmakonzerne und -Länder. Zum Vergleich: in Bonn sind 83,2% doppelt geimpft, und 42,5% schon geboostert, mit einer langen Nase an die böse Welt da draussen. Die WHO ist nicht amüsiert.
Sozialdemokrat*inn*en sind schon immer Feiglinge gewesen. Das, was systemnotwendig ist, wird gemacht. Aber nicht zu Weihnachten. Und Ärger mit der FDP schon gar nicht.
Die Nachrichtenarmut (s.o.) schafft noch mehr Raum für die, die ohnehin schon zu viel Platz haben: die lärmenden Rechtsradikalen aller Länder. Und die wissen genau, wie sie den Feiglingen in der Politik Angst machen können. Während die übergrosse Mehrheit schweigend, still und partiell deprimiert sich zum Boosterimpfen und Feiertagstesten in der Kälte in lange Warteschlangen stellt. Die Lobby des Einzelhandels und der Gastronomie verstärken diese Atmosphäre durch kollektives Jammern über ihren ausbleibenden Umsatz. Die ganze Arbeit – sie lohnt sich nicht mehr.
Geldzählen müssen nur noch die Onlineplattformmilliardär*inn*e*n, die in Lagern und auf den Strassen unterbezahltes prekarisiertes Proletariat durch die Welt hetzen, und von überarbeiteten Lieferant*inn*en Schutzgeld kassieren. Und niemand aus der Politik der Herrschenden kommt daher, und stört diese Pandemiegeschäfte. Was unsichtbar bleibt, erregt keinen Protest.
Ein wenig Schadenfreude: der doofe Fussball
Noch mehr als “die Politik” hat der organisierte Profifussball sich in der Pandemiezeit unmöglich gemacht. Er wirft sich vor organisierter Grosskriminalität in den Staub: Oligarchen und Feudalherren, die ganze Staaten ausrauben, die Sklavenhaltergesellschaften errichtet haben und betreiben, dürfen mitspielen, in der Verkleidung aufgekaufter Vereine. Aktuell besonders lustig: das Böse und der Hass der Welt kommt aktuell angeblich von dem Messengerdienst Telegram. Der hat seinen Sitz in Abu Dhabi. Abu Dhabis Justiz kooperiert aber nicht. Ooch schade, da kann mann nichts machen. Sanktionen gegen eine gefährliche Atommacht (Russland) sind machbar, aber ein reicher Kunde der deutschen Rüstungsindustrie ist einfach eine Nummer zu gross. Und Manchester City darf im europäischen Fussball weiterhin überall mitspielen.
Zumal Saudi-Arabien jetzt mitmacht, das reichste Verbrecherdickschiff, das schon Donald Trumps Unterlippe über der Wasserkante hielt. Die spielen jetzt mit Newcastle United. Offen ist noch wie die sportlichen Regeln modifiziert werden, dass die nächste Saison nicht 2. Liga spielen müssen (derzeit Vorletzter, 1 Sieg, 7 Unentschieden, 10 Niederlagen).
In Deutschland ist die 2. Liga bereits die interessantere. Kürzlich spielte dort der HSV gegen Schalke, das war, als ich klein war, der deutsche Classico. Die erste Liga dagegen ist zum Einschlafen, seit 10 Jahren (mindestens). Das sehen die Fans genauso. Den Medien- und Fussballoligarchen ist egal, wenn keine*r zuguckt. Das Kapital muss zirkulieren und frei fliessen. Menschen dagegen müssen eingesperrt werden (zur Not im Kosovo, Audio 6 min). Die vielen Überflüssigen stören die Geschäfte.
It’s the economy, stupid!

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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