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Wahldrohungen

Ich bin mit manchen der Wahlkampfsprüchen intellektuell deutlich überfordert. Als Journalist bin ich es aber gewohnt, mich mit Sachen zu beschäftigen, von denen ich keine Ahnung habe. Was ich nicht weiß, versuche ich ergründen, meistens, indem ich die Autoren einfach frage. Da wäre zum Beispiel das Versprechen der SPD NRW – oder die Androhung – weiß ich ja nicht. Also habe ich am 23. März 2022 die Pressestelle der NRW-SPD per Email gefragt: Was bitte meinen Sie damit: “Für euch gewinnen wir das Morgen”?

Frau Möllenkamp antwortet nicht

Was versteht die SPD unter “Morgen” – und wenn das klar sein sollte, um wessen “Morgen” geht es? Um das der SPD? Oder um mein persönliches? Nun pflege ich weder mit anderen Menschen noch mit mir selbst in dieser Weise zu kommunizieren. Wenn es um meine Zukunft geht, dann kann man das doch auch so schreiben, ich denke eher es geht um die Zukunft der SPD. Dann könnte gemeint sein, Jungs und Mädels wählt uns bitte, sonst ist für uns Schicht, dann haben wir keine Zukunft. Das würde ich ja verstehen.

Das ist nicht die einzige unbeantwortete Frage. Ich wollte, nachdem ich ihre Werbeschrift gelesen und darin überhaupt nichts gefunden hatte, was mich persönlich interessiert, anspricht oder irgendwie beträfe – von der Kandidatin Magdalena Möllenkamp erfahren, warum ich sie trotzdem wählen soll. Wahrscheinlich kandidiert sie gar nicht für weitgehend mittellose Rentner, sondern hat ein anderes Wählerpotenzial im Sinn. Jüngere und erfolgreichere Menschen. Die Frage, warum ein SPD-Wähler ausgerechnet eine “Wirtschaftsanwältin” wählen soll, übersteigt möglicherweise den Horizont dieser Kandidatin. Da sie ja nicht antwortet, kann ich hier nur spekulieren.

Nun hat die SPD früher auch gerne Rechtsanwälte aufgestellt, die waren dann aber z.B. Geschäftsführer des Mietervereins und engagierten sich in der Sozialberatung und an vielen Brennpunkten der Stadt. Damit konnte ich was anfangen. Aber Frau Möllenkamp läßt mich folgendes wissen: “Wir stehen vor großen Herausforderungen. Das erlebe ich als Wirtschaftsanwältin in einer mittelständischen Kanzlei tagtäglich. Digitalisierung und Klimawandel brauchen heute Antworten, die unseren Wohlstand für die Zukunft sichern.”

Ok nun ist es ja nett, dass die Kandidatin Fragen aufwirft – aber von einer Politikerin hätte ich eigentlich Antworten oder zumindest Vorschläge erwartet. Aber ihre ist nicht meine Welt – denn ich bin Rentner und dazu noch einer, dessen Rente gerade mal zur Deckung der Miete reicht. Also mein “Wohlstand” kann nicht gesichert werden, weil der ist nicht vorhanden. Bei mir gehts darum, dass die Gaspreise um ein Vielfaches mehr steigen als die angekündigte Rentenerhöhung betragen wird. Also habe ich Magdalena Möhlenkamp gefragt, warum ich sie als Wirtschaftsanwältin wählen soll, wo doch die FDP und CDU Kandidaten von dieser Geisteshaltung in ausreichender Zahl aufstellen.

Die Kandidatin ist auf der Landesliste soweit abgesichert – vielleicht glaubt sie deshalb, solche Fragen nicht beantworten zu müssen. Jedenfalls hat sie auch nach mehreren Wochen (noch) nicht geantwortet. Das blieb auch so, nach dem ich die SPD Bonn gefragt hatte, ob es nicht mehr üblich sei, dass ihre KandidatInnen Fragen von potentiellen Wählern beantworten. Das war am 20. März, also vor einem Monat.

Grüne, Bäume und Wirtschaftswunder

Auch die Grünen tun alles, um mich von der Wahl ihrer Kandidaten abzuhalten. So drohen sie mit ihrer Wirtschaftspolitik. Ihr Spruch: “Erlebe Dein Grünes Wirtschaftswunder” lässt mich direkt an den Bundeswirtschaftsminister der amtierenden FDP-FDP-FDP-Koalition in Berlin denken. Dieser Robert Habeck trägt gerne Stahlhelme handelt gerne mit schweren Waffen, um damit bestehende Kriege weiter anzuheizen. Zwischendurch besucht er arabische Folterregime, weil er uns ja vom russischen Erdgas erlösen will. Aber er kann sich schön verbeugen, kommt ziemlich tief runter.

Die führen zwar auch einen mörderischen Krieg, zum Beispiel im Jemen – aber darüber wird ja nicht berichtet und auch von syrischen Kindern auf der Flucht, die weiterhin im Sumpfgebiet an der belarussischen und türkischen Grenze vor sich hin frieren und teilweise an Hunger sterben.

Nun steht er in NRW nicht zur Wahl – aber der Spruch lässt mich nun mal unweigerlich an den Bundeswirtschafsminister denken. Nein, ich möchte kein “Grünes Wirtschaftswunder” erleben. Besser wird es auch nicht, wenn ausgerechnet die Grünen mit ihrem Verhältnis zu Bäumen mir androhen: “Mit uns werden Bäume wahr.” Danke, ich habe gelernt wie die Bonner Grünen mit Bäumen umgehen. Da wähle ich lieber Parteien, die die Bäume stehen lassen und keine Waffen exportieren wollen.

Ein Kommentar

  1. Martin Böttger

    Zu den Bonner Grünen und den Bäumen habe ich eine etwas andere Sicht, aus ähnlichen baumfreundlichen Motiven. Den gegenwärtigen Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat und angehenden MdL Tim Achtermeyer kenne ich seit einigen Jahren sehr gut. Er hat mit weitem Abstand von allen Bonner Stadtratsmitgliedern die schnellste Auffassungsgabe. Seine Wahl in den Landtag wäre ein herber Verlust für den Stadtrat und ein grosser Gewinn für den NRW-Landtag, auch und gerade für die dortige Grünen-Fraktion.
    Warum wurden in Bonn Bäume für Radwege gefällt? Weil Bonn die Wege selbst nicht hätte finanzieren können, und das Land NRW für die Vergabe seiner Fördermittel Bedingungen stellt, und zwar ungefähr diese:
    https://www.radschnellwege.nrw/fileadmin/user_upload/downloads/Leitfaden_Radschnellverbindungen_in_NRW.pdf
    Tim traue ich ernsthaft zu, daran etwas zu ändern. Weniger als 161 Seiten Normen und Vorschriften, mehr pragmatischen Handlungsspielraum für praxisnähere Städteplaner*innen. Damit sich das nicht dauernd und jahrzehntelang wiederholt, dieser Bürokratenirrsinn. Mann und Frau kann um Bäume herumfahren, das ist doch kein Kunstradfahren.
    Und die CDU-Bürgermeister, die nur auf Befehl von ganz oben radfahrfreundlich arbeiten, sterben doch sowieso aus, zumindest in Städten.

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