Es war ca. 20 Uhr. Um 0 Uhr hätte der gleiche Tischwechsel wohl Lärmbelästigungsprobleme mit der Nachbarschaft ergeben. Bis gestern glaubte ich, das zwischen New York City und Beuel pendelnde Paar Nora Guthrie/Michael Kleff sei eine Beueler Besonderheit. Irrtum. Es gibt noch eins. Ich bestaunte das Ereignis nur am Rande, weil ich es in unserer rheinischen Provinzialität nicht für möglich gehalten hätte.

Es war die Rückkehr des l’Olivo aus den Betriebsferien im heissen Sizilien zu begehen. Ruheständler Kleff sortiert seinen musikjournalistischen Nachlass und hat Achivarin Tiffany aus Boston, die viele Jahre im Woody Guthrie Archiv gearbeitet hat, als fachliche Hilfe eingeladen. Glücklich durfte ich mit den dreien die entsprechende 5-10-fache Beschleunigung seiner Arbeit mitfeiern. Am Tisch ergab sich, dass die kluge Kollegin Kanadierin mit österreichischen Familieneinflüssen ist.

Nach gut zwei Stunden war alles aufgegessen und ausgetrunken, Nora Guthrie fieberte der Anklageerhebung gegen Donald Trump entgegen. Ich war als Erster vor der Restaurant-Tür und erblickte vier junge Leute, die es ansteuerten, mit zweifelnden Blicken, ob sie noch Platz fänden. Ich beruhigte – nichtrauchend – wir gingen gerade, sie könnten unseren Tisch haben.

Aus diesem freundlichen “Hallo” ergab sich dynamisch ein längerer Austausch unter 8 Personen, bei dem sich herausstellte, dass es noch ein weiteres Beuel-New York-Paar gibt (ein paar Jahrzehnte jünger, und “sie” eine attraktive Afroamerikanerin), und die Begleitung des Paares zwei Wienerinnen waren, die sich sogleich mit “unserer Kanadierin” verstanden. Ich raunte ihnen zu, sie sollten mal in Ruhe nach “Woody Guthrie” suchmaschinen – das sei der Vater der Dame da gegenüber. Und ich berichtete ihnen von meinem Schwarzrheindorfer Freund Klaus Kleinöder, der sich in Wien verliebt und verheiratet habe. Die montenigrinischen/sauerländischen sowie Ruhrgebiets-Einflüsse der Herren Kleff und Böttger haben wir zum Zwecke der Vereinfachung dieses spektakulären Zusammentreffens auf der Rheindorfer Strasse in Beuel mal weggelassen.

Warum Beuel verlassen, wenn “die Welt” hier zusammenkommt, und der Sommer so ist, wie er ist? Und Nora konnte in der Nacht einen weiteren Sieg des Rechtsstaates feiern.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net