René Martens/MDR-Altpapier beklagt “Das Problem heißt Anti-Intellektualismus” und er hat Recht. Es spricht nichts gegen Interviews mit relevanten AfD-Faschist*inn*en. Das Dumme ist nur: es würde viel Vorbereitungsarbeit machen: für Fakten- und rhetorische Sicherheit. Das kann offensichtlich nicht jede*r. In der Mediengegenwart weiss ich Keine*n. Slomka vielleicht? Anne Will, als sie noch Tagesthemen moderierte? Es würde nicht um folgenlose Witzigkeit gehen, wie in der heute-show. Es gab mal Leute, die das konnten.

In guter Erinnerung

Claus Hinrich Casdorff und Rudolf Rohlinger in Monitor. Christian Berg und Michael Geyer in Küppis ZAK, die letzte gute Zeit deutschen Fernsehens. Sie werden es kaum glauben: diese letzte Innovation deutschen Politik-TVs wurde seinerzeit von “Ulrich aus Deppendorf” mitkonzipiert und möglich gemacht.

Und selbst Sandra Maischberger hat, als sie von Küppi für ntv produziert wurde, in halbstündigen Einzelinterviews gezeigt, was sie am besten kann. Das hat ihr der heutige WDR und ihre eigene Firma gründlich ausgetrieben. In einem PR-Interview anlässlich der Wiederaufnahme ihrer Talkshow nach der Sommerpause jammert sie larmoyant von “75 Minuten 75 Möglichkeiten, etwas falsch zu machen”. Tja, manchmal reicht auch ein einziger Fehler für 75 Minuten (s.o. Martens).

Völlig ausser Konkurrenz, nie wieder von Nachfolgenden erreicht, der selige Günter Gaus. Das war ein anderer Kosmos von Gesprächsführung, als das Fernsehen noch schwarz-weiss und modern war: Videotheken u.a. hier, hier und hier. Der tote Mann hat den Beweis erbracht: gute TV-Gespräche sind möglich. Gute Vorbereitung und echtes Interesse für die guten und schlechten Seiten des Gesprächspartners sind möglich. Sogar bei einem alten, weissen Mann.

Aber jetzt mal was Ernstes

Kleines Einmaleins kapitalistischer Ökonomie ist, dass illegale Schwarzmärkte Extraprofite schaffen, und darum für Organisierte Kriminalität das grösstmögliche Geschenk sind. Vergleichbar nur mit Kriegen für militärisch-industrielle Komplexe (MIK). Innovationsfreudig, wie der Kapitalismus nun mal ist, hat es nicht lange gedauert, bis seine Herrschenden auf die Idee gekommen sind, am besten beides zu verbinden. So erfanden sie den “Krieg gegen die Drogen”. Da haben dann “alle ” was davon – alle Herrschenden.

Sandra Weiss/ipg-journal schreibt: Kampf gegen die kriminelle Krake – Lateinamerika ist fest in der Hand der Drogenkartelle. Mit einer neuen Strategie will der Kontinent sich aus dem Würgegriff der Mafia befreien.”

Ethnisierung oder kolonialistische regionale Zuordnung ist hier, das wird in ihrem Text auch deutlich, abwegig. Es ist nicht weniger als Geopolitik – und betrifft alle: als Profiteure und als Todesopfer. Dem Kapital ist das egal. Es geht immer dahin, wo die grösste Renditehoffnung lockt. Wer das ändern will, muss das System ändern.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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