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Biometzger ist weg

Schock im Momo-Bioladen – Fachkräftemangel und aussterbendes Handwerk

Für “18,5 Jahre” Kundschaft wird mir gedankt. Dafür darf ich nun abgepackte Ware erwerben. Wenn der deutsche Fleischkonsum sinkt, liegt es offenbar auch daran, dass es immer schwieriger wird, frische Fleisch- und Wurstwaren überhaupt zu erwerben. Biometzger Huth hat im Bioladen Momo das Handtuch geschmissen. Heute stand ich da, wie bestellt und nicht abgeholt. Befragte Ladenmitarbeiter*innen zuckten mitleidig mit den Schultern.

Wo gibt es in Beuel überhaupt noch Metzgereien? Im Netz finde ich eine “Landmetzgerei Weitz”, das ist eine weite Reise nach Hoholz. Hielscher hat einen Top-Standort direkt an der Kirche und am Krankenhaus. Mir persönlich sehr gute bekannte Kundinnen loben die dortige Qualität. Die “Genuss-Gesellschaft” in der Friedrich-Breuer-Str. musste dagegen längst schon wieder aufgeben – das war zu teuer. In dem mir nahegelegenen Vilich gibt es die Metzgerei Bülter. Von dort melden mir befreundete Kunden, der Metzger kenne jede seiner Kühe persönlich. Der Westerwälder Matteo Giehl kann sich derzeit nicht auf Bonner Märkte stellen – wg. “Unfall”. Gute Besserung! Alle hier genannten proklamieren nach meinem Eindruck keine Bioqualität. Dä.

Damit nichts besser wird

Eben erst musste ich von 10 Mio. Kriegs- und Hungerflüchtlingen im Sudan lesen. Ich wette, 2-3 Mio. von ihnen würden sich freiwillig für eine Stelle als Fleischereifachverkäufer*in in Deutschland bewerben. Bekämen sie noch eine bezahlbare Wohnung dazu, könnte sich diese Bewerbungszahl glatt noch mal verdoppeln.

Viele dieser Millionen haben aufgrund eigener landwirtschaftlicher Praxis (!) mglw. ein Fachwissen, mit dem sie deutsche Fleischereifachverkäufer*innen selbst ausbilden könnten, statt dieses selten gewordene Handwerk erst mühselig lernen zu müssen. Gut – Theorie in deutscher Bürokratie – das ist vielleicht dann doch anspruchsvoller, als das fachgerechte Zerlegen, Lagern und Verkaufen von Tierteilen.

Wenn Sie das verhindern wollen, dass irgendwas an deutscher Infrastruktur und Dienstleistungswüste – ich erwähne nur mal, ohne abzuschweifen, die Kranken- und Altenpflege – besser wird, dann wählen Sie doch einfach AfD. Da sind Sie auf der sicheren Seite, dass wir dem Niedergang näher kommen, und mit Trump zusammen vielleicht sogar die angebetete Apokalypse schaffen. Und das Besondere für die, die das wollen: sie haben sogar eine geradezu unübersichtlich breite Auswahl weiterer Parteien im deutschen AfD-Ähnlichkeitswettbewerb.

Bessermacher auch nicht besser

In Berlin gibt es ein kleines Nischenmedium, für das ich einige Jahre (mit Freude) geschrieben habe: die Wochenzeitung “Freitag”. Ich bin sogar mitschudig daran, dass sie heute dem Millionärssohn Jakob Augstein gehört. Dort behaupten sie von sich selbst: “Wir wollen bloß die Welt verändern.”. Ist aber nur ‘n Scherz.

Das erkennen Sie heute daran: “Nancy Fraser: Hier kommt der Vortrag, den Köln nicht hören darf”. Auch nur ‘n Scherz, ist nämlich digital eingemauert. Selbst zahlende Abonnent*inn*en dürfen nur eine begrenzte Zahl von Texten an interessierte Freundinn*e*n weiterleiten. Das ist das Gegenteil von freiem Informationsfluss – imgrunde das Gleiche wie mit dem Fleisch s.o.

Was Mrs. Fraser betrifft, gibt es zu diesem Vorgang ein frei zugängliches Interview von Hanno Hauenstein/FR: Nancy Fraser über Ausladung von Uni Köln: ‘Wird der deutschen Wissenschaft erheblichen Schaden zufügen’ – Die renommierte Philosophin Nancy Fraser über ihre Ausladung von der Universität zu Köln, die deutsche Verirrung im Umgang mit Israel und die Empörung in den USA.”

Niemand muss durch Paywalls doof bleiben. Das bleiben nur die, die sie bauen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

Ein Kommentar

  1. Roland Appel

    Huth hat einen mobilen Stand 3 mal pro Woche beim Biobauern Bursch in Bornheim. Mit Öffies vom HBF Bonn mit der 18 nach Bornheim-Waldorf, dann noch 800m mit dem Fahrrad bis zu Bursch. Samstags nur bis 14.00 Uhr. Hackfleisch gibts aber nicht, es sei denn gefroren.

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