Manfred Kriener trete ich gewiss nicht zu nahe, wenn ich ihn nicht als Revolutionär, sondern als radikalen Reformisten beschreibe. Im Rahmen der Gesässgeografie bei den Grünen eher bei den “Realos” als bei den Linken. Obwohl ich insgeheim glaube, dass es bei ihm selbst nicht strategisch durchdacht, sondern nur gefühlt ist. Aber jede*r, wie sie*er will.

Wie kommichdrauf? Aktuell hat Manfred zu den jüngsten Protesten von Bauerndeppen und ihrer politischen und medialen Rezeption in der taz exakt das Richtige geschrieben: Bauern verhindern Agrarwende: Traktoren im Rückwärtsgang – Die erfolgreichen Bauernproteste schaden vor allem der Landwirtschaft selbst. Dabei liegt gerade bei ihr die Hoffnung auf eine ökologische Wende.”

Wenn ich die öffentlichen Auftritte des zuständigen grünen Bundesministers Cem Özdemir – ich habe sie mehr zufällig und beiläufig konsumiert – dazu in Beziehung setze, ist meine Meinung: das kann nur besser werden. Zumal ich von Cem weiss, dass der öffentliche Auftritt eigentlich zu seinen persönlichen Kernkompetenzen gehört.

Sowas wie das hier darf jedenfalls in einem Rechtsstaat, der Gesetze mit dem Titel “Tierschutz-“ besitzt, nicht möglich sein. Und schon gar nicht als gewohnheitsmässige Wiederholungstat. Wenn ich nun von Cem verlangen würde, dass er als Bundesminister den Gesetzen des (Agrar-)Kapitalismus Widerstand entgegensetzen müsse – dann weiss ich, dass ich ihn wohl politisch überfordere. Solcherart überraschend positive Differenzierung ist das, was von einem echten Realo-Grünen erhofft werden können.

Aber vielleicht würde es helfen, wenn Manfred Kriener Zugang in seine engeren Berater*innen-Stäbe erhielte. Denn es kommt hier nicht auf Flügel und Strömungen, sondern auf Sachverstand an. Das wäre schon ein grosser Fortschritt.

Da wäre es allerdings von Nachteil, wenn der Herr Minister nur auf der Durchreise wäre. Dass ein berüchtigtes Revolverblatt das behauptet, macht Hoffnung, dass es unwahr ist. Denn Ministerpräsidentsein und eine ganze Regierung organisieren müssen – das gehört nicht zu seinen persönlichen Stärken. Bei den Grünen wissen das alle – sie wollen es nur nicht öffentlich gestehen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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