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CNN und Fox in der Krise

CNN und Fox News in der Krise: Sind Kabelnachrichten vom Aussterben bedroht? – Oberflächlich betrachtet sind ihre Moderatoren so glänzend wie eh und je. CNN und Fox News, die zwei US-Kabel-Giganten, stecken jedoch in einer tiefen Krise. Werden sie überleben?

Die US-TV-Giganten sind zwar professionell, unendlich oft nachgeahmt von Berlin bis Pretoria, wenn es um die richtige Mischung von starken Bildern, Breaking News, Analysen und seichten Themen gilt, doch inzwischen sind Sender wie CNN und der Gegenpart Fox News, von rasch sinkenden Einschaltquoten betroffen. Obwohl als Flaggschiff der Liberalen (Liberal im amerikanischen Sprachgebrauch) und Fox News als Sender des politischen Konservativismus fungiert, erleben beide Formate den Niedergang. Als Ursache wird neben den veränderten Mediengewohnheiten, auch eine gewisse Übersättigung angesehen, basierend auf den hausgemachten Skandalen, von denen beide Sender in jüngster Zeit erschüttert wurden.

Der Rücktritt von CNN-Interimschef Chris Licht verdeutlichte die Krise beider Sender. Der 51-Jährige war nach nur einem Jahr an der Spitze dazu gezwungen, wieder zu gehen. Solange bis ein neuer Chef gefunden wird, soll ein vierköpfiges Team CNN vorübergehend leiten.

Eine Kette von Skandalen und sinkenden Einschaltquoten hatte die Amtsführung von Licht verdunkeln lassen. Dieser war der Nachfolger von Jeff Zucker, der aufgrund einer geheim gehaltenen Beziehung zu einer Kollegin gehen musste. Als eigentlicher Grund für Lichts Abgang gilt ein Artikel im Magazin The Atlantic, welcher anders ausfiel, als der CNN-Chef, der sich dabei immerhin über Monate von einem Journalisten begleiten ließ, wohl erwartet hätte. Aber schon in den Monaten davor hatten Massenentlassungen und das Auswechseln von bekannten Moderatoren innerhalb des Senders für Unmut gesorgt.

Das rechtsgerichtete Medium Fox News leidet ebenfalls unter sinkenden Quoten, besonders nachdem Star-Moderator Tucker Carlson den Sender verließ und rund ein Drittel der Zuschauer dabei mitnahm. Fox Corporation vermeldete auch noch rote Zahlen, nachdem der Mutterkonzern – im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung – rund 787,5 Millionen Dollar an ein Unternehmen zu zahlen hatte.

„Kabel-Nachrichten sind dabei, auszusterben“, äußerte Alan Wolk, ein Veteran und Berater der Werbe- und Medienbranche, in seinem Newsletter. „Nicht, weil sie irrelevant geworden sind, sondern weil das Medium Kabelfernsehen ausstirbt.“ Wolk prophezeit, dass dieses schon in einem Jahrzehnt der Fall sein wird. Die Zahlen scheinen diese These zu stützen. 2016 verfügten noch 70 Prozent der US-Haushalte über einen Kabelanschluss, inzwischen nur noch 45, mit weiter sinkender Tendenz. Onlineangebote konnten diesen Niedergang bisher nicht aufhalten, weder bei Fox noch bei CNN.

Trotz aller Fortschritte in der Kommunikation und im Nachrichtenwesen ist unser Wissen von den anderen, entgegen der allgemeinen herrschenden Meinung, sehr oberflächlich, in vielen Fällen sogar nicht existent.

Das Ende des „Globalen Dorfes“?

Marshall McLuhan, ein enthusiastischer Verkünder der medialen Revolution, meinte, das Fernsehen mache die Welt zu einem „Globalen Dorf“. Ähnlich optimistisch äußerten sich ja die Pioniere des Internets.

Ist diese Metapher aber nicht falsch? Dem Wesen des Dorfes liegt die emotionale und verwandtschaftliche Nähe zugrunde, auch die Enge, die Überschaubarkeit. Leben wir heute nicht eher in einer globalen Metropole, auf einem globalen Bahnhof, durch den die „einsame Massen“ von David Riesman strömen?

Obwohl es heute wahrscheinlich wichtiger ist, als zu früheren Zeiten, über den Lauf der Welt, über Kriege und Krisen, deren Ursachen und Folgen zu informieren, wurden die Stellen von Auslandskorrespondenten massiv eingespart. Die Tatsache, dass zu Beginn des Syrien-Konfliktes die Desinformationen und Falschmeldungen eines Snackshop-Betreibers aus London, der sich den klingenden Namen „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ gab, von weltweit führenden Medien – darunter dem Sender CNN-ungeprüft verbreitet wurden, ist nur ein Beispiel unter vielen. Der Bürgerkrieg in Syrien, wie auch der Konflikt in der Ukraine, liefern fast tagtäglich Anschauungsmaterial für diese Entwicklung, welche die Rolle der Medien in der Demokratie, als Vierte Gewalt, gefährdet.

Die Prophezeiung von Postman

Im Schlusswort seines Buches „Wir amüsieren uns zu Tode“ warf Neil Postman allerdings die Frage auf, ob wir die Schreckensvisionen, die George Orwell in 1984 darstellte, schon eingeholt haben, oder ob wir eher in der Brave New World leben, die Aldous Huxley vorherzusehen glaubte. „Orwells Prophezeiungen haben für Amerika kaum Bedeutung, diejenigen Huxleys freilich sind nahe daran, Wirklichkeit zu werden.“

George Orwell fürchtete den Staat, der als großer Bruder Bücher verbrennt, als Wahrheitsministerium die Wahrheit unterdrückt. Aldous Huxley dagegen beschrieb die „Schöne neue Welt“, in der die Menschen mit „Fühlfilmen“ und „Zentrifugalbrummball“ die Zeit totschlagen, eine Gesellschaft, der das Bücherlesen nicht verboten werden muss, weil sie keine Bücher mehr liest. Weiter heißt es: „An Huxley und nicht an Orwell sollten wir uns deshalb halten, wenn wir verstehen wollen, auf welche Weise das Fernsehen und andere Bildformen die Grundlage der freiheitlichen Demokratie, nämlich die Informationsfreiheit, bedrohen.“

Und er fragt: „Wer ist bereit, sich gegen den Ansturm der Zerstreuungen aufzulehnen? Bei wem führen wir Klage – wann? Und in welchem Tonfall, wenn sich der ernsthafte Diskurs in Gekicher auflöst? Welche Gegenmittel soll man einer Kultur verschreiben, die vom Gelächter aufgezehrt wird?“

Diese Frage ist heute, drei Jahrzehnte später, immer noch nicht beantwortet.

Über Ramon Schack / Berliner Zeitung:

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Ein Kommentar

  1. Annette

    Beim thema Snackshopbetreiber als Betreiber der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte fällt mir ein: auch in Deutschland gibt es z.B. Kurden oder linke Türken die Kioske betreiben. Das ist weniger mit bürokratischen Hürden verbunden als einen normalen Arbeitsplatz zu finden. Man darf sich relativ einfach selbständig machen, wenn man dem Staat nicht auf der Tasche liegt.

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