von Matthias W. Birkwald MdB

CDU-Finanzstaatssekretär Jens Spahn behauptet, hierzulande gäbe es keine Altersarmut. Selbst die SPD sagt nun: Die viel zu niedrigen Renten für erwerbsgeminderte, chronisch kranke Menschen müssten steigen und der Sinkflug des Rentenniveaus müsse gestoppt werden. Immerhin: Von dem Unsinn, die Löcher der gesetzlichen Rente durch Riestern zu stopfen, hört man nichts mehr.
Was hatte der Koalitionsgipfel zur Rente gebracht? Nicht viel, denn selbst Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ist von den Ergebnissen enttäuscht. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zieht sie am Nasenring um den Kabinettstisch herum!

Konkret: Für künftig vorzeitig in Rente gehen müssende chronisch Kranke wird die sogenannte Zurechnungszeit um drei Jahre verlängert. Das wird den künftigen Erwerbsminderungsrentner*innen monatlich 50 Euro mehr bringen! Immerhin, aber aus der Grundsicherung kommt damit kaum jemand heraus: Die durchschnittliche Erwerbsminderungsrente liegt heute bei 711 Euro, der anerkannte Grundsicherungsbedarf der Betroffenen bei 766 Euro. Von den 50 Euro mehr im Monat werden deshalb die Wenigsten wirklich profitieren. Die große Mehrheit der zukünftigen kranken Rentner*innen wird weiterhin auf die Grundsicherung angewiesen bleiben und von dem zusätzlichen Geld nichts sehen. Ganz schlecht: Die heutigen Erwerbsminderungsrentner*innen gehen komplett leer aus. Tja, zu kurz gesprungen, Frau Nahles!

DIE LINKE fordert deshalb die Abschaffung der Abschläge von durchschnittlich 76 Euro. Dann wären die Erwerbsminderungsrenten zwar immer noch nicht armutsfest (EU-Armutsgrenze liegt bei 1033 Euro), aber die Betroffenen wären wenigstens aus der Grundsicherung raus.

Die ostdeutschen Rentnerinnen werden von Union und SPD bis Juli 2025 vertröstet. Dann sollen die Rentenwerte angeglichen sein. Ein Rentner, der 1990 in Dresden in Rente ging, muss also 100 Jahre alt werden, um eine Rente auf Westniveau zu erhalten! Der eigentliche Skandal aber ist, dass die Beschäftigten durch den geplanten Wegfall der Umrechnung bald drastische reale Kürzungen werden hinnehmen müssen: Eine Verkäuferin mit 1873 Euro brutto erhielte 70 Euro weniger Rente! Dazu darf es nicht kommen! Immer noch liegen die Ost-Löhne von Vollzeitbeschäftigten im Schnitt 24 Prozent unter denen im Westen. Dafür dürfen die Menschen nicht auch noch in der Rente bestraft werden! Und Schäuble sagt: Mir gäbet nix. Ein Armutszeugnis!

Ministerin Nahles hat ihr 58seitiges „Alterssicherungskonzept“ vorgelegt. Klar ist: 46 Prozent Rentenniveau bedeuteten eine Absenkung der heutigen Standardrente um 57 Euro! Diese Haltelinie beim Rentenniveau reicht nicht, um den Lebensstandard im Alter zu sichern. DIE LINKE kämpft deshalb weiter für ein lebensstandardsicherndes Rentenniveau von 53 Prozent. Das ist finanzierbar! Und wir fordern eine einkommens- und vermögensgeprüfte Solidarische Mindestrente von 1050 Euro netto. Dann könnten die Menschen zuversichtlich und ohne Angst vor Altersarmut in die Zukunft sehen.

Über Matthias W. Birkwald (Gastautor):

Matthias W. Birkwald ist Mitglied des Deutschen Bundestags, parlamentarischer Geschäftsführer und rentenpolitischer Sprecher der Fraktion "Die Linke".