Drei höchst unterschiedliche Großstädte per Fahrrad zu erkunden, ist praktische Soziologie.

Oberhausen hat jenseits des Strukturwandels mit dem Gasometer und dem Rhein-Herne-Kanal einiges zu bieten. Im Gasometer findet noch bis zum 30.12.2018 die sehenswerte Ausstellung “Der Berg ruft” statt.

Bottrop, die kleinste Großstadt auf meiner Route, beherbergt die letzte Steinkohlezeche im Ruhrgebiet, die im Dezember 2018 endgültig schließt. Man merkt in Bottrop auf jedem Kilometer die durchaus schmerzhafte Transformation weg von der Steinkohle.

Die Ruhrmetropole Essen, einst größte Stadt des Ruhrgebiets, heute hinter Dortmund an zweiter Stelle liegend, hat zwei höchst unterschiedliche Stadtbezirke. Der Norden ist gewerblich-industriell geprägt, dort wohnen bekanntlich die Ärmeren. Der Süden ist hingegen eine völlig andere Welt. Dort liegen der Baldeneysee und die Villa Hügel, wo die Mächtigen zu Gast waren. Denn der Krupp-Konzern diente jedem Herrn, egal ob Verbrecher oder Demokrat. Diese Gegensätzlichkeit zwischen dem Norden und dem Süden Essens hat zwei SPD-Ortsvereine entzweit. Dieser Konflikt ging deutschlandweit durch die Presse.

Selbst die Topographie in Essen ist bemerkenswert. Man erreicht die City auf einer ehemaligen Bahntrasse, die heute Teil eines interkommunalen Radwegs ist. Vom Hauptbahnhof aus geht es in Richtung Süden über mehrere Kilometer ständig bergauf, bevor man bis zum Baldeneysee ziemlich steil bergab fährt.

Wie gesagt, Soziologie und Philosophie sind meine Leidenschaften. Gepaart mit meinem Fahrrad hat das Ruhrgebiet diesbezüglich wirklich viel zu bieten.

Redaktionelle Ergänzung: Erfunden wurde die “Tour de Ruhr” durch diese TV-Reihe von 1980, geschrieben von Elke Heidenreich. Hier eine alte Folge auf Youtube.

Über Rainer Bohnet: