Eine historisch bedeutsame Phase: Kapitalismus und Journalismus werden zum Gegensatz. An kapitalistischer Rendite orientierte Konzerne sind immer weniger in der Lage, mit Journalismus Rendite zu erzielen. Wenn sie das nicht können, entscheiden immer mehr von ihnen: dann machen wir die Redaktionen eben dicht. Was beim Kapitalvermehren am meisten stört, sind Menschen. Im privaten Bereich bleiben Milliardäre übrig, die Medien nicht zum Kapitalvermehren betreiben, sondern als PR-Abteilung für alles, womit sie reich werden. Das darf dann auch was kosten. Darum werden Journalismus-Redaktionen verkleinert bis sie sterben, PR-Abteilungen dagegen immer weiter vergrössert. Ein Bundesligaverein hat allein in seiner Mediabteilung mehr was-mit-Medien-Angestellte, als irgendeine Lokalredaktion.
Versuche einzelner Städte, selbst Zeitungen zu machen, wurden von Zeitungsverlegern totgeklagt. Das ist das neue Berufsbild: Verleger sein heisst: Medien killen, Informationsfluss verknappen, Diskussionen geheimhalten. Womit sich alle dagegen anfreunden könnten: Steuernsparen. Z.B. dadurch, dass Journalismus steuerrechtlich für “gemeinnützig” erklärt wird, also das, was Attac nach Meinung des Bundesfinanzhofes nicht ist.
Doch, das wäre sinnvoll. Die Gemeinnützigkeit muss gesetzlich neu definiert werden. Das allein wird den Journalismus jedoch nicht retten. Gerettet wird er nur, wenn die öffentlich-rechtlichen Medien gerettet werden. Sie sind die Journalismus-Zukunft, so absurd das bei Betrachtung konkreter Sendeanstalten aussehen mag. Sie sind die Letzten, in denen Meinungsvielfalt – zumindest theoretisch – vorstellbar bleibt. Wenn wir diese Tätigkeit philantropischen Milliardären und ihren steuermindernden Stiftungen überlassen, geben wir die Demokratie auf und kehren in den Feudalismus zurück.
Darum wird es über kurz oder lang auch öffentlich-rechtliche Lokalmedien geben. Nachdem die Republik mit Ein-Zeitungs-Kreisen gepflastert ist, werden die Nullzeitungskreise folgen. Die Verleger*innen und ihre Erbengemeinschaften wollen es so. Wenn unsere Gesellschaft das so laufen lässt, geben wir unser soziales Zusammenleben gleich mit auf.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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