Um im Prinzip unfinanzierbare Rüstungsprojekte durchzusetzen, ist keine Argumentationspirouette zu teuer. Eines Tages, prophezeie ich, wird eine neue Kampfflugzeug-Generation aus deutscher Produktion noch als Klimaschutzprojekt verkauft. So weit ist es noch nicht. Aber auch nicht mehr weit davon entfernt. Das Ding heisst FCAS – Future Combat Air System. Das Ding wird (noch) von Deutschland, Frankreich und Spanien betrieben, hat aber einen englischen Namen. Weil es – selbstverständlich – in die gesamte Welt exportiert werden soll. Sofern sie solvent ist.
Die Meldungen über das Schicksal dieses Projekts (dieser Link verschwindet in einigen Tagen in einem Paywall-Archiv) sind aktuell nicht gut, d.h. aus meiner Sicht besonders gut. Denn nichts wäre in diesem Falle besser als Scheitern. Schon allein, wer darum dann alles weinen wird, wäre ein Beweis der Richtigkeit.
Solche Rüstungsprojekte unterliegen weder einer Betriebs- noch einer volkswirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Kalkulation. Sie sind Politik. An der Frage ihrer Durchsetzung ist das Gewicht von Regierungen und ihrer Mitglieder bemessen. Es nicht zu schaffen, ist wie eine brutale Diät: Gewichtsverlust, Abstieg in die Zweitklassigkeit, Katzentisch. Die liefernden Konzerne wissen das, und machen die Politiker*innen auf diese Weise abhängig. So lassen sich Extraprofite realisieren, wie sonst nur in der Organisierten Kriminalität, oder beim Handel mit Corona-Impfstoffen.
Egal, wer die nächste Bundesregierung besetzt, wird uns als Öffentlichkeit folgendes weismachen wollen: guckt mal die USA, guckt mal Britannien – wollt ihr denn von denen abhängig sein? Sie können Unabhängigkeit und Souveränität nur militärisch denken, so schlecht sei die Welt. Und dann der ganze Kollateralnutzen: nur durch militärische Forschung sei überhaupt technologischer Fortschritt zu realisieren. Schaut nur mal nach Israel. Die sind sogar schon geimpft. Tja, ultimativer Fortschritt besteht also aus Bürgerkrieg, gegenseitigen Terroranschlägen und dauerhafter Traumatisierung der gesamten zu beherrschenden Bevölkerung. Seit Jahren keine Regierungsmehrheit im Parlament? Egal. Manche halten das für Fortschritt.
EU-Mercosur-Abkommen
Aus ganz ähnlichen Motiven wird das klimakillerische EU-Mercosur-Handelsabkommen von einigen Kräften immer noch weiterbetrieben. Die Bundeskanzlerin hat, ganz Reala, zwar schon abgewunken. Aber allein das ist für andere EU-Mitglieder schon ein Antrieb, weil sich ihre eigenen Interessen mit einem Emanzipationsbedürfnis gegenüber der deutschen Dominanz verbinden. Gut ist, dass Klimaschutz- und globalisierungskritische Bewegung sich schon längst exzellent international vernetzt haben, und den notwendigen oppositionellen Druck organisieren. Der Kampf um klimaökonomische Vernunft ist langwierig und hart. Aber er geht voran. Hoffentlich schnell genug.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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