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Die Zeit des Sommers

Am 26. März endet die Winterzeit, und es beginnt die Sommerzeit. Wie in jedem Jahr wird also eine Stunde entfallen und später eine andere doppelt stattfinden. Mit einem schlichten Verwaltungsakt wird der Sommer um eine Stunde verkürzt. Warum wird er nicht verlängert? Am besten nicht nur um eine Stunde, sondern um einen ganzen Tag (oder eine Woche). Obwohl ich sowieso nichts davon merke. Die Sommerzeit fühlt sich genau so an wie die Winterzeit.

Ist die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit oder umgekehrt eigentlich ein Beleg dafür, dass man die Zeit vermindern oder vervielfachen kann? Wiederholen sich in der Doppel­stunde die Ereignisse? Kann man womöglich beim zweiten Mal Einfluss auf den Ablauf der ersten Stunde nehmen? Vielleicht sollte jemand genauer nachforschen. Zumal es noch ganz andere Zeiten gibt, z.B. die Frühlings-, Urlaubs- und Weihnachtszeit.

Ohnehin habe ich so meine Probleme mit der Zeit. „Die Zeit vergeht“, so heißt es. Aber sie ist doch noch da. Und wenn sie wirklich vergeht, wohin verschwindet sie dann? Und wo bleibt sie, wenn sie vergangen ist. Gleichzeitig taucht doch immer wieder neue Zeit auf. Woher kommt diese? Handelt es sich vielleicht um einen Kreislauf. Und es ist die alte, vergangene Zeit, die als neue wieder auftaucht? Die Zeit käme also zurück. Das wäre doch etwas. Vielleicht kann man dann alte Zeiten wieder erkennen und neu erleben.

Da kommen mir auch noch ein paar andere Ungereimtheiten in den Sinn. Zum Beispiel, dass die Stunden verfliegen und die Zeit davon läuft. Da wüsste ich nur zu gern, wohin sie fliegen oder laufen. Oder die Aussage ‚Ich habe keine Zeit zu verschenken.’ Warum sollte ich sie auch verschenken? Irgendwo habe ich nämlich gelesen “Zeit ist kost­bar” und „Das kostet Zeit“. Wie hoch ist denn der Preis der Zeit?

Schon geht mir die ‚Zeitverschiebung’ durch den Kopf. Gewiss wäre es hilfreich, wenn man Zeit verschieben könnte. Im wahrsten Sinne des Wortes: von hier nach dort, von mor­gens nach abends. Zum Beispiel einen Teil des Mittagsschlafes in die Stammtischzeit ver­lagern. Doch was muss man aufwenden, um die Zeit zu verschieben? Und was macht der Zeitdruck? Presst er die Zeit zusammen, vielleicht bis es nur noch einen Zeitpunkt gibt?

Oft hört man von nutzlos vertaner Zeit, von vergeudeter Zeit oder von Zeitverschwendung. Da werde ich hellhörig. Existiert etwa nützliche und unnütze Zeit? Gibt es Zeiten unter­schiedlicher Qualität? Und was sind Zeitzonen? Sind das Orte, wo ganz besondere Zei­ten gelten oder wo weniger oder mehr Zeit zur Verfügung steht als anderswo? Wenn es Zeiten unter­schiedlicher Qualität, Dichte und Geschwindigkeit gibt, müsste dies eigentlich Einfluss auf die Zeitgeschichte und den Lauf der Zeit haben.

Immer neue Fragen tauchen auf. Sind Zeitgeist und Zeitarbeit ein Beleg dafür, dass die Zeit denkt und arbeitet? Kann man die Zeit vielleicht sehen, wie die Zeiterscheinung an­deutet? Zeigt der Zeitraum die räumliche Ausdehnung der Zeit an? Sind Zeitverträge ein Hin­weis darauf, dass man Vereinbarungen mit der Zeit treffen kann? Weist das Zeital­ter etwa darauf hin, dass die Zeit abläuft, dass sie einem Alterungsprozess unterliegt? Und wenn man Zeit opfert oder verliert, wer bekommt sie dann?

Ernüchtert stelle ich fest, dass ich all diese Fragen nicht beantworten kann, aber auch nicht muss. Nur eines geht mir nicht aus dem Kopf: Warum verkürzt man den Sommer gerade zu Beginn der Som­merzeit?

Über Heiner Jüttner:

Der Autor war von 1972 bis 1982 FDP-Mitglied, 1980 Bundestagskandidat, 1981-1982 Vorsitzender in Aachen, 1982-1983 Landesvorsitzender der Liberalen Demokraten NRW, 1984 bis 1991 Ratsmitglied der Grünen in Aachen, 1991-98 Beigeordneter der Stadt Aachen. 1999–2007 kaufmännischer Geschäftsführer der Wassergewinnungs- und -aufbereitungsgesellschaft Nordeifel, die die Stadt Aachen und den Kreis Aachen mit Trinkwasser beliefert.

3 Kommentare

  1. Roland Appel

    Lieber Heiner, da rate ich strikt zu Einstein. Je näher wir uns der Lichtgeschwindigkeit annähern, desto langsamer läuft die Zeit in unserem Raumschiff. desto schneller läuft sie rundum ab. Ich empfehle für die absolute Zeit-Grenzerfahrung Phillip P. Peterson, “Universum” – ein Raumschiff unter dem Kommando der vor der Pensionierung stehenden Kapitänin findet auf einem popeligen Routineflug zu einer Kolonie der Erde den Weg aus dem Hyperraum nicht mehr zurück…SEHR spannende Grenzerfahrung – physikalisch exakt, denn der Mann arbeitet für die esa….ich bin übrigens für permanente Sommerzeit, auch wenn die Berliner und die Polen da meckern…

  2. Der Maschinist

    Zeitenwende, Leute, Zeitenwende! Habt ihr vergessen! Leider nur werden wir alle nicht jünger, wenn die Zeit mal wieder einen Haken schlägt. Aber ich bin mir sicher, Einstein ist auch dazu etwas eingefallen. Wobei, ich habe Roddenberrys Kanon ja nur bruchstückhaft drauf, aber was Roland da von Peterson zusammengefaßt hat, das klingt schon sehr nach Captain Kathryn Janeways langer Reise.
    “Wenn man zwei Stunden mit einem netten Mädchen zusammensitzt, meint man, es wäre eine Minute. Sitzt man jedoch eine Minute auf einem heißen Ofen, meint man, es wären zwei Stunden. Das ist Relativität!”
    [Einstein]

  3. Heiner Jüttner

    Die Zeitenwende habe ich tatsächlich vergessen. Daher wäre dies doch ein besonders aktuelles und ergiebiges Thema gewesen. Vielleicht greife ich sie mal als Einzelthema auf.

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